Notarielles Nachlassverzeichnis: Konkrete Anhaltspunkte bestimmen die Nachforschungsanforderungen

Artikel vom 04.06.2024

Zur Ermittlung eines Nachlasses hat der Erbe ein Bestands- oder Vermögensverzeichnis zu erstellen, um einem Pflichtteilsberechtigten die Möglichkeit zu geben, seinen Anspruch beziffern zu können. Dieser kann entscheiden, ob der Erbe ein privates Verzeichnis erstellt oder ein amtliches Verzeichnis durch einen Notar zu erstellen ist. Mit der Problematik der Vollständigkeit eines notariellen Nachlassverzeichnisses musste sich der Bundesgerichtshof (BGH) beschäftigen.

Zur Ermittlung eines Nachlasses hat der Erbe ein Bestands- oder Vermögensverzeichnis zu erstellen, um einem Pflichtteilsberechtigten die Möglichkeit zu geben, seinen Anspruch beziffern zu können. Dieser kann entscheiden, ob der Erbe ein privates Verzeichnis erstellt oder ein amtliches Verzeichnis durch einen Notar zu erstellen ist. Mit der Problematik der Vollständigkeit eines notariellen Nachlassverzeichnisses musste sich der Bundesgerichtshof (BGH) beschäftigen.

Die im September 2010 verstorbene Erblasserin wurde von einer Tochter aufgrund eines notariellen Testaments beerbt. Die Enkelinnen der Erblasserin, deren Mutter vorverstorben war, machten Auskunftsansprüche als Pflichtteilsberechtigte gegenüber der testamentarischen Alleinerbin geltend. Die Erbin erteilte in der Folge eine Auskunft durch Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses. Unter anderem enthielt das letztlich zur Verfügung gestellte Nachlassverzeichnis Angaben zu Geschäftsbeziehungen der Erblasserin mit einer Bank in Österreich. Im Kern ging es in der Folge um die Frage, ob das Nachlassverzeichnis deshalb unvollständig sei, weil die Erbin dem Notar keine Zustimmung zur Einholung von Auskünften bei weiteren Banken und Sparkassen in der Umgebung des Bankhauses in Österreich und auch keine Zustimmung zur Durchführung eines automatisierten Kundendatenabrufs in ganz Österreich erteilt habe.

Der BGH stellte in der Entscheidung klar, dass der Notar nach eigenem pflichtgemäßen Ermessen nur jene Nachforschungen anzustellen hat, die ein objektiver Dritter in der Lage des Gläubigers für erforderlich halten würde. Es bedurfte also konkreter Anhaltspunkte dafür, dass die Erblasserin neben der bereits ermittelten Geschäftsbeziehung mit der Bank in Österreich noch weitere Konten bei anderen Kreditinstituten unterhalten hatte. Da derartige Anhaltspunkte nicht bestanden haben, war der Notar auch nicht dazu verpflichtet, weitere Nachforschungen in dieser Richtung anzustellen.

Hinweis: Auf Ergänzung des notariellen Nachlassverzeichnisses kann ein Anspruch bestehen, wenn sich der Notar nur auf die Wiedergabe der Informationen des Erben beschränkt, ohne eigene Ermittlungstätigkeiten vorzunehmen.

Quelle: BGH, Beschl. v. 07.03.2024 – I ZB 40/23

zum Thema: Erbrecht

(aus: Ausgabe 06/2024)

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