Geltendmachung nicht weiterverfolgt: Inkrafttreten der Pflichtteilsstrafklausel setzt tatsächlich erfolgte Zahlung voraus

Artikel vom 03.05.2023

Mithilfe von sogenannten Pflichtteilsstrafklauseln versuchen Erblasser, den Nachlass ungekürzt dem Erben zuzuwenden. Im Fall des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (OLG) musste geklärt werden, ob eine anfängliche Geltendmachung des Pflichtteils die Strafklausel in Kraft setzt oder ob eine solche erst dann greift, wenn dieser Ankündigung auch Tatsachen folgen – sprich, wenn der Pflichtteilsanspruch weiterverfolgt und entsprechend ausbezahlt wurde.

Mithilfe von sogenannten Pflichtteilsstrafklauseln versuchen Erblasser, den Nachlass ungekürzt dem Erben zuzuwenden. Im Fall des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (OLG) musste geklärt werden, ob eine anfängliche Geltendmachung des Pflichtteils die Strafklausel in Kraft setzt oder ob eine solche erst dann greift, wenn dieser Ankündigung auch Tatsachen folgen – sprich, wenn der Pflichtteilsanspruch weiterverfolgt und entsprechend ausbezahlt wurde.

Hier hatten sich die Eheleute im Jahr 2022 mit einem privatschriftlichen gemeinschaftlichen Testament gegenseitig zu Alleinerben eingesetzt. Des Weiteren hatten sie verfügt, dass sie davon ausgehen, dass keines der drei Kinder einen Anspruch auf einen Pflichtteil nach dem Tod des erstversterbenden Elternteils geltend macht. Nach dem Tod des Überlebenden sollten alle drei Kinder zu gleichen Teilen Erben werden. Ausgenommen dabei war dasjenige Kind, das einen Pflichtteil beansprucht und erhalten habe.

Nach dem Tod des vorverstorbenen Vaters hat eine Tochter gegenüber der Erblasserin einen Pflichtteilsanspruch geltend gemacht und Auskunft über den Nachlass verlangt. Nach Erteilung der Auskunft wurde der Pflichtteilsanspruch nicht weiterverfolgt, insbesondere kam es auch nicht zu einer Zahlung eines Pflichtteils. Nach dem Tod der Erblasserin waren zwei Töchter dennoch der Ansicht, dass ein gemeinschaftlicher Erbschein für lediglich zwei Miterbinnen erteilt werden müsse, da die andere Tochter durch die Geltendmachung des Pflichtteils nicht mehr Erbin geworden sei.

Dieser Ansicht hat sich das OLG jedoch nicht angeschlossen und die Beschwerde gegen die Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbscheins mit einer Erbquote von jeweils einem Drittel zurückgewiesen. Im Kern hat das OLG die Entscheidung damit begründet, dass der Sinn der Strafklausel gerade darin besteht, dem überlebenden Ehegatten den Nachlass ungeschmälert zuzuwenden. Daher greife die Strafklausel auch nur dann ein, wenn es tatsächlich zu einem Abfluss von Geldmitteln aus dem Nachlass komme.

Hinweis: Liegt eine Pflichtteilsstrafklausel vor, ist bei Erteilung des Erbscheins an Eides statt zu versichern, dass kein Erbe einen Pflichtteil geltend gemacht hat.

 

 

Quelle: OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 21.02.2023 – 21 W 104/22

zum Thema: Erbrecht

(aus: Ausgabe 05/2023)

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