Fristversäumnis oder nicht? Wann die Verjährung von Pflichtteilsansprüchen bei ungeklärter Vaterschaft beginnt

Artikel vom 05.05.2025

Pflichtteilsansprüche verjähren grundsätzlich in drei Jahren, gerechnet von dem Zeitpunkt an, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger Kenntnis von dem Anspruch erlangt hat. Auf welchen Zeitpunkt für eine Verjährung in den Fällen abzustellen ist, in denen ein Abkömmling erst nach dem Tod des Erblassers Kenntnis von der Abstammung erhält, beschäftigte vor kurzem den Bundesgerichtshof (BGH).

Pflichtteilsansprüche verjähren grundsätzlich in drei Jahren, gerechnet von dem Zeitpunkt an, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger Kenntnis von dem Anspruch erlangt hat. Auf welchen Zeitpunkt für eine Verjährung in den Fällen abzustellen ist, in denen ein Abkömmling erst nach dem Tod des Erblassers Kenntnis von der Abstammung erhält, beschäftigte vor kurzem den Bundesgerichtshof (BGH).

Die Klägerin in dem Verfahren war die nichteheliche Tochter des im Jahr 2017 verstorbenen Erblassers. Dieser hatte in einem notariellen Testament seinen eingetragenen Lebenspartner zum Alleinerben bestimmt. Die Klägerin, die im Jahr 2017 vom Tod des Erblassers erfahren hatte, leitete im Mai 2022 ein Vaterschaftsfeststellungsverfahren ein, das noch im selbenJahr mit der Feststellung endete, dass sie die leibliche Tochter des Erblassers war. Im Anschluss verlangte sie von dem Erben Auskunft über den Nachlass zur Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen. Der Erbe war jedoch der Ansicht, dass die Ansprüche zwischenzeitlich verjährt seien. Nachdem das Landgericht die Klage noch wegen Verjährung abgelehnt hatte, war das Oberlandesgericht (OLG) der Ansicht, dass dem nicht so sei. Die zentrale Frage, die der BGH nun zu klären hatte, war die, wann der Pflichtteilsanspruch eines nichtehelichen Kindes entsteht, dessen Vaterschaft erst nach dem Tod gerichtlich festgestellt wird. Kraft Gesetzes verhält es sich so, dass die Rechtswirkungen einer Vaterschaft erst bestehen, wenn diese gerichtlich festgestellt worden ist. Die Tochter war daher der Ansicht, dass sie einen Pflichtteil erst verlangen konnte, nachdem gerichtlich feststand, dass sie die leibliche Tochter des Erblassers war. Daher könne auch eine Verjährung vor diesem Zeitpunkt nicht eintreten.

Dieser Ansicht schloss sich der BGH hingegen nicht an. Die gesetzliche Rechtsausübungssperre hindert nur die erfolgreiche Durchsetzung eines Anspruchs – nicht aber das rechtliche Entstehen. Für die Verjährung von Ansprüchen kommt es aber gerade auf deren Entstehen an und nicht auf die gerichtliche Feststellung der Vaterschaft. Ferner erfordert der Eintritt der Verjährung auch Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis von den Tatsachen, die einen Anspruch begründen können. Diese Kenntnis hatte die Tochter erst mit Abschluss des Vaterschaftsfeststellungsverfahrens. Ob sie eventuell schon zu einem vorherigen Zeitpunkt hätte Kenntnis erlangen können, konnte der BGH nicht entscheiden, weshalb er das Verfahren an das OLG zurückverwiesen hat.

Hinweis: Die Rechtsausübungssperre bis zum Abschluss der Vaterschaftsfeststellung führt nicht zu einer Hemmung der Verjährung.

Quelle: BGH, Urt. v. 12.03.2025 – IV ZR 88/24

zum Thema: Erbrecht

(aus: Ausgabe 05/2025)

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