Pflichtteilsstrafklausel: Wie “gegen den Willen” des Überlebenden zu verstehen ist

Artikel vom 01.09.2025

Pflichtteilsstrafklauseln sind ein geeignetes Mittel, um den überlebenden Ehegatten nach dem Tod des ersten Partners nicht mit Pflichtteilsforderungen zu belasten. Im Fall des Oberlandesgerichts Zweibrücken (OLG) ging es nach der Inanspruchnahme des Pflichtteils darum, wie eine in Pflichtteilsstrafklauseln gängige Formulierung auszulegen ist.

Pflichtteilsstrafklauseln sind ein geeignetes Mittel, um den überlebenden Ehegatten nach dem Tod des ersten Partners nicht mit Pflichtteilsforderungen zu belasten. Im Fall des Oberlandesgerichts Zweibrücken (OLG) ging es nach der Inanspruchnahme des Pflichtteils darum, wie eine in Pflichtteilsstrafklauseln gängige Formulierung auszulegen ist.

Die Eheleute hatten im Jahr 2012 ein gemeinschaftliches Testament aufgesetzt und sich darin gegenseitig zu Alleinerben bestimmt. Ihre beiden Kinder sollten Schlusserben nach dem überlebenden Ehegatten werden. Zudem enthielt das Testament eine Pflichtteilsstrafklausel: Wer nach dem Tod des zuerst Verstorbenen “gegen den Willen” des Überlebenden seinen Pflichtteil oder Pflichtteilsergänzungsansprüche verlange und erhalte, werde inklusive der eigenen Nachkommen von der künftigen Erbfolge ausgeschlossen. Nach dem Tod des Vaters im Jahr 2017 verlangte die Tochter Auskunft über den Nachlass und anschließend die Auszahlung ihres Pflichtteils. Die Mutter erkannte den Anspruch an und zahlte ihr den Pflichtteil aus. Nach dem Tod der Mutter beantragte der Sohn einen Erbschein, der ihn als Alleinerben ausweist, und begründete dies damit, dass die Schwester durch ihre Pflichtteilsforderung die Strafklausel ausgelöst habe. Diesem Antrag gab das Nachlassgericht statt und begründete dies damit, dass eine Pflichtteilsstrafklausel auch dann eingreift, wenn die Erbin den Anspruch anerkannt habe. Die von der Tochter hiergegen eingelegte Beschwerde war erfolglos.

Das OLG legte dar, dass die Klausel verhindern solle, dass der überlebende Ehegatte mit Pflichtteilsforderungen belastet werde. Die Kinder sollten dadurch motiviert werden, keinen Pflichtteil zu verlangen, um das Vermögen ungekürzt beim Überlebenden zu belassen. Die durchaus gebräuchliche Formulierung “gegen den Willen” bedeute dabei aber nicht, dass der überlebende Ehegatte sich gegen die Pflichtteilsforderung zur Wehr setzen muss. Ausreichend sei es bereits, wenn das Kind ohne vorheriges Einvernehmen oder in anderer konfrontativer Weise den Anspruch geltend mache. Hierfür reiche es bereits aus, dass die Tochter anwaltlich vertreten eine Auskunft “zur vorläufigen Durchsetzung des Pflichtteilsrechts” verlange und anschließend die Auszahlung geltend mache. Da es keine vorherige Absprache mit der Mutter gegeben hatte, war dieses Vorgehen einseitig und konfrontativ – und damit “gegen den Willen” im Sinne der Strafklausel.

Hinweis: Wer nach dem ersten Erbteil seinen Pflichtteil ohne vorherige Absprache einfordert, riskiert den vollständigen Ausschluss von der Erbfolge im zweiten Todesfall.

Quelle: OLG Zweibrücken, Beschl. v. 09.07.2025 – 8 W 56/24

zum Thema: Erbrecht

(aus: Ausgabe 09/2025)

Auch interessant