Massenentlassung und Kündigungsschutzklage: Ihre Rechte bei größeren Personalabbau

Artikel vom 22.06.2025

Massenentlassungen bedeuten nicht das Ende des individuellen Kündigungsschutzes – jeder Arbeitnehmer kann sich gegen unrechtmäßige Kündigungen wehren. Die Komplexität aus kollektiven Verfahrensvorschriften und individuellem Kündigungsschutz eröffnet zusätzliche Angriffsmöglichkeiten bei Verfahrensfehlern. Als Fachanwalt für Arbeitsrecht prüfen wir Ihre Erfolgsaussichten umfassend und setzen alle rechtlichen Möglichkeiten durch. Vertrauen Sie auf unsere Expertise für bestmögliche Ergebnisse.

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Das Wichtigste im Überblick:

  • Massenentlassungen unterliegen besonderen Verfahrensvorschriften, aber der individuelle Kündigungsschutz bleibt bestehen – jede Kündigung kann einzeln angegriffen werden
  • Eine Kündigungsschutzklage muss innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung eingereicht werden, auch bei Massenentlassungen
  • Verstöße gegen die Massenentlassungsanzeige können die Wirksamkeit einzelner Kündigungen beeinträchtigen, was zusätzliche Erfolgschancen für betroffene Arbeitnehmer schafft

Wenn der Arbeitsplatz trotz Massenentlassung zu retten ist

Massenentlassungen erscheinen für betroffene Arbeitnehmer oft wie ein unabwendbares Schicksal. Viele glauben, dass bei größeren Personalabbaumaßnahmen der individuelle Kündigungsschutz außer Kraft gesetzt ist. Das ist jedoch ein gefährlicher Irrtum. Auch bei Massenentlassungen behält jeder Arbeitnehmer seine individuellen Rechte und kann sich gegen eine unrechtmäßige Kündigung zur Wehr setzen.

Der Schlüssel liegt im Verständnis, dass Massenentlassungen zwei verschiedene Rechtsebenen betreffen: die kollektiven Verfahrensvorschriften für den Arbeitgeber und den individuellen Kündigungsschutz für jeden einzelnen Arbeitnehmer. Während der Arbeitgeber bei größeren Entlassungswellen besondere Anzeigepflichten und Konsultationsverfahren beachten muss, bleibt das Kündigungsschutzgesetz für jede einzelne Kündigung anwendbar.

Eine Kündigungsschutzklage bei Massenentlassungen kann daher durchaus erfolgreich sein, insbesondere wenn der Arbeitgeber Verfahrensfehler gemacht hat oder die materiellen Voraussetzungen für eine betriebsbedingte Kündigung nicht erfüllt sind. Die Komplexität dieser Rechtslage macht eine Beratung durch einen Fachanwalt für Arbeitsrecht oft unverzichtbar, um alle Verteidigungsmöglichkeiten auszuschöpfen und die bestmöglichen Erfolgsaussichten zu erzielen.

Rechtliche Grundlagen bei Massenentlassungen

Definition und Schwellenwerte der Massenentlassung

Eine Massenentlassung im rechtlichen Sinne liegt vor, wenn ein Arbeitgeber innerhalb von 30 Kalendertagen eine bestimmte Anzahl von Arbeitnehmern entlassen möchte. Die Schwellenwerte sind in § 17 Abs. 1 KSchG genau definiert und richten sich nach der Zahl der regelmäßig im Betrieb Beschäftigten.

In Betrieben mit in der Regel mindestens 21 und weniger als 60 Arbeitnehmern liegt eine Massenentlassung vor, wenn mindestens 6 Arbeitnehmer entlassen werden sollen. Bei Betrieben mit mindestens 60 und weniger als 500 Arbeitnehmern müssen mindestens 25 Arbeitnehmer oder 10 Prozent der Belegschaft betroffen sein. In Großbetrieben mit 500 oder mehr Arbeitnehmern liegt die Schwelle bei mindestens 30 Entlassungen.

Diese Schwellenwerte sind entscheidend, weil sie bestimmte Verfahrenspflichten für den Arbeitgeber auslösen. Werden diese nicht beachtet, kann dies Auswirkungen auf die Wirksamkeit der einzelnen Kündigungen haben.

Verfahrensvorschriften nach § 17 KSchG

Bei geplanten Massenentlassungen muss der Arbeitgeber zunächst den Betriebsrat rechtzeitig und umfassend unterrichten. Diese Konsultation soll Möglichkeiten zur Vermeidung oder Verringerung der Entlassungen sowie zur Milderung der Folgen für die betroffenen Arbeitnehmer erörtern.

Nach Abschluss der Betriebsratsanhörung muss der Arbeitgeber eine schriftliche Anzeige bei der örtlich zuständigen Agentur für Arbeit erstatten. Diese Massenentlassungsanzeige muss detaillierte Angaben über die geplanten Entlassungen, die Gründe und den Zeitplan enthalten.

Die Anzeige führt gemäß § 18 Abs. 1 KSchG dazu, dass das Arbeitsverhältnis erst nach Ablauf eines Monats nach Eingang der Anzeige bei der Agentur für Arbeit beendet werden darf. Die Agentur kann diese Frist auf bis zu zwei Monate verlängern. Das Kündigungsschreiben kann jedoch bereits zuvor ausgesprochen werden.

Verhältnis zum individuellen Kündigungsschutz

Trotz der besonderen Verfahrensvorschriften für Massenentlassungen bleibt der individuelle Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz vollständig bestehen. Jede einzelne Kündigung muss die materiellen Voraussetzungen für eine wirksame betriebsbedingte Kündigung erfüllen.

Das bedeutet, dass auch bei Massenentlassungen geprüft werden muss, ob die Kündigung sozial gerechtfertigt ist, ob eine ordnungsgemäße Sozialauswahl stattgefunden hat und ob der Arbeitgeber alle erforderlichen Anhörungsverfahren durchgeführt hat.

Die Kombination aus kollektiven Verfahrensfehlern und individuellen Kündigungsschutzrechten kann betroffenen Arbeitnehmern zusätzliche Verteidigungsmöglichkeiten eröffnen, die bei einer isolierten betriebsbedingten Kündigung nicht bestehen würden.

Besonderheiten der Kündigungsschutzklage bei Massenentlassungen

Fristen und Verfahrensabläufe

Die Grundfrist für eine Kündigungsschutzklage beträgt auch bei Massenentlassungen drei Wochen ab Zugang der Kündigung. Diese Frist gilt unabhängig davon, wann das Arbeitsverhältnis tatsächlich endet (§ 4 KSchG).

Eine Besonderheit ergibt sich jedoch bei der Bestimmung des Kündigungstermins. Während bei normalen betriebsbedingten Kündigungen der Arbeitgeber den Beendigungszeitpunkt frei wählen kann, sind bei Massenentlassungen die Sperrfristen der Bundesagentur für Arbeit zu beachten.

Dies kann dazu führen, dass Kündigungen erst Monate nach ihrem Ausspruch wirksam werden. Für betroffene Arbeitnehmer bedeutet dies eine längere Planungsunsicherheit, aber auch mehr Zeit für die Vorbereitung rechtlicher Schritte.

Spezielle Angriffspunkte bei Massenentlassungen

Kündigungsschutzklagen bei Massenentlassungen bieten zusätzliche Angriffsmöglichkeiten, die bei einzelnen betriebsbedingten Kündigungen nicht bestehen. Ein zentraler Punkt ist die ordnungsgemäße Durchführung des Massenentlassungsverfahrens.

Fehler bei der Betriebsratsanhörung, unvollständige oder verspätete Anzeigen bei der Bundesagentur für Arbeit oder Verstöße gegen die Konsultationspflichten können die Unwirksamkeit einzelner Kündigungen begründen.

Auch die Sozialauswahl bei Massenentlassungen unterliegt besonderen Anforderungen. Da eine größere Anzahl von Arbeitnehmern betroffen ist, müssen die Auswahlkriterien besonders sorgfältig angewendet und dokumentiert werden.

Beweis- und Darlegungslast

Bei Kündigungsschutzklagen im Rahmen von Massenentlassungen trägt der Arbeitgeber die Beweis- und Darlegungslast für die ordnungsgemäße Durchführung des Verfahrens. Er muss nachweisen, dass alle erforderlichen Schritte eingehalten wurden.

Dies umfasst den Nachweis der ordnungsgemäßen Betriebsratsanhörung, der vollständigen und rechtzeitigen Anzeige bei der Bundesagentur für Arbeit sowie der sachgerechten Sozialauswahl. Können diese Nachweise nicht erbracht werden, spricht dies für die Unwirksamkeit der Kündigung.

Arbeitnehmer und ihre Anwälte sollten daher die vom Arbeitgeber vorgelegten Unterlagen sorgfältig prüfen und auf Vollständigkeit und Richtigkeit kontrollieren. Oft ergeben sich aus den Dokumenten selbst Anhaltspunkte für Verfahrensfehler.

Häufige Verfahrensfehler und ihre Konsequenzen

Mangelhafte Betriebsratsanhörung

Ein häufiger Fehler bei Massenentlassungen liegt in der unvollständigen oder verspäteten Anhörung des Betriebsrats. Der Arbeitgeber muss den Betriebsrat nicht nur über die geplanten Entlassungen informieren, sondern auch über die Gründe, den Zeitplan und mögliche Alternativen beraten.

Die Konsultation muss ernsthaft geführt werden mit dem Ziel, Entlassungen zu vermeiden oder zu reduzieren. Eine bloße Scheinberatung reicht nicht aus. Der Betriebsrat muss ausreichend Zeit haben, die Informationen zu bewerten und eigene Vorschläge zu entwickeln.

Wird die Betriebsratsanhörung nicht ordnungsgemäß durchgeführt, kann dies zur Unwirksamkeit der einzelnen Kündigungen führen. Dies gilt auch dann, wenn der Betriebsrat den Entlassungen grundsätzlich zugestimmt hätte.

Fehlerhafte Massenentlassungsanzeige

Die Anzeige bei der Bundesagentur für Arbeit muss vollständige und zutreffende Angaben enthalten. Dazu gehören nicht nur die Anzahl und Kategorien der betroffenen Arbeitnehmer, sondern auch eine nachvollziehbare Begründung für die Entlassungen.

Häufige Fehler sind unvollständige Angaben zu den Entlassungsgründen, falsche Zahlenangaben oder das Fehlen der erforderlichen Stellungnahme des Betriebsrats. Auch die verspätete Erstattung der Anzeige kann problematisch sein.

Eine fehlerhafte oder unvollständige Massenentlassungsanzeige kann dazu führen, dass die Kündigungen unwirksam sind – dies gilt insbesondere bei gravierenden Fehlern. Einzelheiten sind umstritten und von der Rechtsprechung abhängig. Dies eröffnet betroffenen Arbeitnehmern zusätzliche Erfolgschancen in der Kündigungsschutzklage.

Sozialauswahl-Probleme bei größeren Gruppen

Die Sozialauswahl bei Massenentlassungen ist besonders fehleranfällig, weil eine größere Anzahl von Arbeitnehmern miteinander verglichen werden muss. Oft werden nicht alle vergleichbaren Arbeitnehmer in die Auswahl einbezogen oder die Sozialkriterien nicht korrekt gewichtet.

Ein typischer Fehler ist die Bildung zu enger Vergleichsgruppen, um bestimmte Arbeitnehmer von der Auswahl auszunehmen. Auch die Berücksichtigung unzulässiger Kriterien wie Krankheitszeiten oder Betriebsratstätigkeit kommt vor.

Bei Massenentlassungen sind Arbeitgeber zudem oft unter Zeitdruck und führen die Sozialauswahl nicht mit der erforderlichen Sorgfalt durch. Dies kann zu offensichtlichen Fehlern führen, die in der Kündigungsschutzklage erfolgreich angegriffen werden können

Strategien für die Kündigungsschutzklage

Umfassende Prüfung der Verfahrensabläufe

Eine erfolgreiche Kündigungsschutzklage bei Massenentlassungen beginnt mit der systematischen Prüfung aller Verfahrensschritte. Dabei sollten sowohl die kollektiven Verfahrensvorschriften als auch die individuellen Kündigungsvoraussetzungen untersucht werden.

Besondere Aufmerksamkeit verdienen die Vollständigkeit der Massenentlassungsanzeige, die ordnungsgemäße Durchführung der Betriebsratsanhörung und die Einhaltung der Sperrfristen. Auch die Sozialauswahl muss detailliert überprüft werden.

Die Beweissicherung sollte frühzeitig beginnen. Alle relevanten Dokumente wie Kündigungsschreiben, Betriebsratsprotokolle und Unterlagen zur Sozialauswahl sollten angefordert und sorgfältig ausgewertet werden.

Koordination mit anderen Betroffenen

Bei Massenentlassungen sind oft viele Arbeitnehmer gleichzeitig betroffen. Eine Koordination der rechtlichen Schritte kann sinnvoll sein, um Synergieeffekte zu nutzen und die Position gegenüber dem Arbeitgeber zu stärken.

Gemeinsame Angriffspunkte wie Verfahrensfehler bei der Massenentlassungsanzeige können von mehreren Klägern gleichzeitig geltend gemacht werden. Dies erhöht den Druck auf den Arbeitgeber und kann zu günstigeren Vergleichslösungen führen.

Allerdings müssen auch die individuellen Besonderheiten jedes Falls berücksichtigt werden. Nicht jeder betroffene Arbeitnehmer hat die gleichen Erfolgsaussichten oder Interessen.

Verhandlungsstrategien und Vergleichsmöglichkeiten

Kündigungsschutzklagen bei Massenentlassungen enden häufig mit Vergleichen, da beide Seiten an einer schnellen Lösung interessiert sind. Arbeitgeber möchten die Umstrukturierung zügig abschließen, während Arbeitnehmer Planungssicherheit benötigen.

Die Verhandlungsposition hängt wesentlich von der Stärke der rechtlichen Argumente ab. Können schwerwiegende Verfahrensfehler nachgewiesen werden, steigen die Chancen auf eine günstige Vergleichslösung erheblich.

Typische Vergleichsinhalte sind erweiterte Abfindungen, verlängerte Kündigungsfristen oder Unterstützung bei der Stellensuche. Auch die Vereinbarung eines späteren Kündigungstermins kann für beide Seiten vorteilhaft sein.

Typische Fallkonstellationen in der Praxis

Insolvenznahe Massenentlassungen

Besonders kompliziert wird die Situation, wenn Massenentlassungen im Vorfeld einer drohenden Insolvenz erfolgen. Hier stellt sich die Frage, ob die wirtschaftliche Notlage die Verfahrensfehler “heilt” oder ob dennoch strenge Maßstäbe anzulegen sind.

Die Rechtsprechung neigt dazu, auch in wirtschaftlichen Notlagen die Verfahrensvorschriften streng zu kontrolieren. Ein drohender Konkurs entbindet den Arbeitgeber nicht von der ordnungsgemäßen Durchführung des Massenentlassungsverfahrens.

Allerdings können sich die Erfolgsaussichten einer Kündigungsschutzklage verschlechtern, wenn das Unternehmen tatsächlich zahlungsunfähig wird. Die Durchsetzung von Ansprüchen gegen insolvente Unternehmen ist oft schwierig.

Massenentlassungen bei Betriebsübergängen

Kompliziert wird die Rechtslage, wenn Massenentlassungen im Zusammenhang mit einem Betriebsübergang stehen. Hier müssen die Regelungen des § 613a BGB und des Kündigungsschutzgesetzes miteinander in Einklang gebracht werden.

Grundsätzlich ist eine Kündigung, die ausschließlich wegen eines Betriebsübergangs ausgesprochen wird, nach § 613a Abs. 4 Satz 1 BGB unzulässig. Liegen daneben weitere betriebsbedingte Gründe vor, kann eine Kündigung im Einzelfall dennoch zulässig sein. Erfolgen dennoch Massenentlassungen im zeitlichen Zusammenhang mit einem Betriebsübergang, müssen die Motive genau geprüft werden.

Oft versuchen Arbeitgeber durch vorgeschaltete Massenentlassungen die Attraktivität des Betriebs für einen Erwerber zu steigern. Solche Gestaltungen sind rechtlich angreifbar und können zur Unwirksamkeit der Kündigungen führen.

Digitalisierungsbedingte Massenentlassungen

Die fortschreitende Digitalisierung führt zu neuen Formen der Massenentlassung, bei denen ganze Tätigkeitsbereiche wegfallen. Hier stellen sich besondere Fragen zur Sozialauswahl und zu Umschulungsmöglichkeiten.

Bei digitalisierungsbedingten Entlassungen muss besonders sorgfältig geprüft werden, ob wirklich alle Möglichkeiten zur Weiterbeschäftigung ausgeschöpft wurden. Oft ergeben sich durch die Digitalisierung auch neue Arbeitsplätze, die bei der Interessenabwägung zu berücksichtigen sind.

Die Sozialauswahl kann sich schwierig gestalten, wenn technische Qualifikationen eine große Rolle spielen. Hier müssen die Auswahlkriterien besonders sorgfältig gewichtet werden.

Bei größeren Umstrukturierungen durch Digitalisierung sollten Arbeitnehmer frühzeitig ihre Rechte prüfen lassen. Als Fachanwalt für Arbeitsrecht unterstützen wir Sie dabei, alle Möglichkeiten auszuschöpfen.

Praktische Tipps für betroffene Arbeitnehmer

Sofortmaßnahmen nach Erhalt der Kündigung

Nach Erhalt einer Kündigung im Rahmen einer Massenentlassung sollten Arbeitnehmer nicht in Panik verfallen, sondern systematisch vorgehen. Der erste Schritt ist die Sicherung aller relevanten Unterlagen und die Dokumentation der Umstände.

Wichtig ist, sich frühzeitig rechtlichen Rat zu holen, da die Dreiwochenfrist für die Kündigungsschutzklage unerbittlich läuft. Auch wenn die Kündigung aufgrund der Massenentlassungsanzeige noch nicht wirksam wird, muss die Klage rechtzeitig eingereicht werden.

Die Arbeitslosmeldung bei der Bundesagentur für Arbeit sollte unverzüglich erfolgen, auch wenn das Arbeitsverhältnis noch nicht beendet ist. Dies sichert Ansprüche und zeigt die Bereitschaft zur Mitwirkung bei der Stellensuche.

Informationsrechte nutzen

Betroffene Arbeitnehmer haben verschiedene Informationsrechte, die sie konsequent nutzen sollten. Dazu gehört das Recht auf Einsicht in die Massenentlassungsanzeige und die Betriebsratsstellungnahme.

Auch die Unterlagen zur Sozialauswahl können unter bestimmten Voraussetzungen eingesehen werden. Diese Informationen sind oft entscheidend für die Beurteilung der Erfolgsaussichten einer Kündigungsschutzklage.

Der Betriebsrat kann bei der Informationsbeschaffung helfen und sollte frühzeitig kontaktiert werden. Oft verfügt er über zusätzliche Informationen zu den Hintergründen der Massenentlassung.

Koordination mit Kollegen

Die Abstimmung mit anderen betroffenen Kollegen kann sinnvoll sein, sollte aber nicht zu Lasten der individuellen Rechtsverfolgung gehen. Gemeinsame Anwaltsmandatierung kann Kosten sparen und die Schlagkraft erhöhen.

Wichtig ist jedoch, dass jeder Arbeitnehmer seine individuellen Interessen im Blick behält. Nicht alle haben die gleichen Erfolgsaussichten oder Prioritäten bei der Verhandlungslösung.

Ein koordiniertes Vorgehen kann besonders bei der Geltendmachung von Verfahrensfehlern sinnvoll sein, die alle Betroffenen gleichermaßen betreffen.

Finanzielle Absicherung

Während des laufenden Kündigungsschutzverfahrens besteht das Arbeitsverhältnis grundsätzlich weiter. Der Anspruch auf Arbeitsentgelt bleibt bestehen, wenn der Arbeitnehmer die Arbeitsleistung anbietet oder der Arbeitgeber im Annahmeverzug ist (§ 615 BGB).

Bei längeren Verfahren kann es jedoch zu Liquiditätsproblemen kommen, wenn der Arbeitgeber das Entgelt nicht zahlt. Hier sollten die Möglichkeiten des Arbeitslosengeldes oder anderer Sozialleistungen geprüft werden.

Auch die Finanzierung der Anwaltskosten sollte frühzeitig geklärt werden. Eine Rechtsschutzversicherung kann hier hilfreich sein, ist aber nicht immer verfügbar.

Checkliste für Arbeitnehmer bei Massenentlassungen

Sofortmaßnahmen bei Kündigung:

  • Kündigungsschreiben auf Vollständigkeit und Form prüfen
  • Frist für Kündigungsschutzklage beachten (3 Wochen)
  • Arbeitslosmeldung bei der Bundesagentur für Arbeit
  • Rechtliche Beratung in Anspruch nehmen

Informationsbeschaffung:

  • Einsicht in Massenentlassungsanzeige verlangen
  • Betriebsratsstellungnahme anfordern
  • Unterlagen zur Sozialauswahl prüfen
  • Verfahrensabläufe dokumentieren

Rechtliche Prüfung:

  • Verfahrensfehler bei Massenentlassungsanzeige identifizieren
  • Betriebsratsanhörung auf Vollständigkeit prüfen
  • Sozialauswahl auf Fehler untersuchen
  • Individuelle Kündigungsgründe hinterfragen

Verfahrensstrategie:

  • Kündigungsschutzklage fristgerecht einreichen
  • Koordination mit anderen Betroffenen prüfen
  • Vergleichsmöglichkeiten ausloten
  • Langfristige Perspektiven berücksichtigen

Finanzielle Absicherung:

  • Anspruch auf Arbeitsentgelt sichern
  • Arbeitslosengeld beantragen
  • Rechtsschutzversicherung prüfen
  • Prozesskostenhilfe beantragen falls nötig

Eine frühzeitige und umfassende rechtliche Beratung ist bei Massenentlassungen besonders wichtig, da die rechtlichen Zusammenhänge komplex sind und verschiedene Fristen beachtet werden müssen.

Kündigungsschutz auch bei Massenentlassungen durchsetzbar

Massenentlassungen bedeuten nicht das Ende des individuellen Kündigungsschutzes. Jeder betroffene Arbeitnehmer behält seine Rechte und kann sich gegen eine unrechtmäßige Kündigung zur Wehr setzen. Die besonderen Verfahrensvorschriften für Massenentlassungen eröffnen sogar zusätzliche Angriffsmöglichkeiten.

Der Erfolg einer Kündigungsschutzklage hängt entscheidend von der sorgfältigen Prüfung aller Verfahrensschritte und der rechtzeitigen Geltendmachung von Fehlern ab. Die Dreiwochenfrist für die Klageerhebung muss unbedingt eingehalten werden, auch wenn die Kündigung aufgrund der Massenentlassungsanzeige noch nicht wirksam wird.

Die Komplexität des Zusammenspiels zwischen kollektiven Verfahrensvorschriften und individuellem Kündigungsschutz macht eine fachkundige rechtliche Beratung unverzichtbar. Viele Verfahrensfehler sind für Laien nicht erkennbar und werden oft übersehen.

Eine koordinierte Vorgehensweise mit anderen betroffenen Kollegen kann die Erfolgsaussichten verbessern und zu günstigeren Vergleichslösungen führen. Allerdings müssen dabei die individuellen Interessen jedes Arbeitnehmers berücksichtigt werden.

Wenn Sie von einer Massenentlassung betroffen sind, lassen Sie sich umgehend beraten. Als Fachanwalt für Arbeitsrecht prüfen wir Ihre Kündigungsschutzklage auf alle Erfolgsaussichten und setzen Ihre Rechte bestmöglich durch.

Häufig gestellte Fragen

Kann ich auch bei einer Massenentlassung Kündigungsschutzklage erheben? 

Ja, auch bei Massenentlassungen bleibt der individuelle Kündigungsschutz bestehen. Jede Kündigung kann einzeln angegriffen werden, wenn sie nicht den gesetzlichen Anforderungen entspricht.

Welche Frist gilt für die Kündigungsschutzklage bei Massenentlassungen? 

Die normale Dreiwochenfrist ab Zugang der Kündigung gilt auch hier. Diese Frist läuft unabhängig davon, ob die Kündigung aufgrund der Massenentlassungsanzeige bereits wirksam wird.

Welche besonderen Erfolgschancen habe ich bei Massenentlassungen? 

Bei Massenentlassungen können zusätzliche Verfahrensfehler auftreten, wie fehlerhafte Massenentlassungsanzeigen oder mangelhafte Betriebsratsanhörungen. Diese eröffnen zusätzliche Angriffsmöglichkeiten.

Muss ich trotz Massenentlassungsanzeige sofort klagen? 

Ja, die Kündigungsschutzklage muss innerhalb von drei Wochen eingereicht werden, auch wenn die Kündigung erst später durch die Sperrfrist wirksam wird.

Kann ich mich mit anderen betroffenen Kollegen zusammenschließen? 

Eine Koordination kann sinnvoll sein, besonders bei gemeinsamen Verfahrensfehlern. In der Regel muss dennoch jeder betroffene Arbeitnehmer Klage erheben; die Gerichte können aber bei gleich gelagerten Fällen eine gemeinsame Verhandlung vornehmen.

Was passiert, wenn das Unternehmen während des Verfahrens insolvent wird? 

Im Fall einer Insolvenz kann die Kündigungsschutzklage grundsätzlich weitergeführt werden. Ab diesem Zeitpunkt gilt allerdings § 113 InsO: Das Arbeitsverhältnis kann durch den Insolvenzverwalter mit einer maximalen Frist von drei Monaten gekündigt werden. Ansprüche auf Weiterbeschäftigung sind nicht durchsetzbar; eventuelle finanzielle Ansprüche müssen als Insolvenzforderungen angemeldet werden.

Welche Rolle spielt die Sozialauswahl bei Massenentlassungen?

Die Sozialauswahl muss auch bei Massenentlassungen ordnungsgemäß durchgeführt werden. Bei größeren Gruppen sind Fehler häufiger und oft leichter nachweisbar.

Kann ich Verfahrensfehler auch später noch geltend machen? 

Grundsätzlich müssen alle Einwände in der Kündigungsschutzklage vorgebracht werden. Nachträgliche Ergänzungen sind nur eingeschränkt möglich.

Lohnt sich eine Kündigungsschutzklage bei Massenentlassungen finanziell? 

Das hängt vom Einzelfall ab. Bei Verfahrensfehlern sind die Erfolgschancen oft gut. Auch Vergleichslösungen mit erweiterten Abfindungen sind häufig möglich.

Wie lange dauert ein Kündigungsschutzverfahren bei Massenentlassungen?

Die Verfahrensdauer variiert stark. Oft kommt es zu Vergleichen, da beide Seiten an schnellen Lösungen interessiert sind. Ohne Vergleich können Verfahren ein Jahr oder länger dauern.

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