Das Wichtigste im Überblick:
- Auch bei Geschäftsaufgabe müssen alle gesetzlichen und vertraglichen Kündigungsfristen eingehalten werden – eine Betriebsschließung berechtigt nicht zu fristlosen Kündigungen
- Die Dreiwochenfrist für eine Kündigungsschutzklage gilt unverändert und sollte genutzt werden, um Verfahrensfehler zu prüfen und Rechte zu sichern
- Bei Massenentlassungen verlängern sich die Fristen durch Sperrfristen der Bundesagentur für Arbeit, was zusätzliche Verhandlungszeit schafft
Warum Fristen auch bei Geschäftsaufgabe entscheidend sind
Wenn ein Unternehmen seine Geschäftstätigkeit einstellt, denken viele Arbeitnehmer, dass alle normalen arbeitsrechtlichen Regeln außer Kraft gesetzt sind. Das ist ein kostspieliger Irrtum. Auch bei der Schließung eines Betriebs müssen Arbeitgeber alle gesetzlichen Fristen und Verfahrensvorschriften beachten. Verstöße gegen diese Bestimmungen können für betroffene Arbeitnehmer erhebliche Vorteile bringen.
Die Einhaltung von Fristen bei Kündigungen wegen Geschäftsaufgabe ist ein komplexes Thema, das verschiedene Ebenen umfasst: die materiellen Kündigungsfristen für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses, die Verfahrensfristen für Betriebsratsanhörungen und Massenentlassungsanzeigen sowie die Fristen für rechtliche Schritte der betroffenen Arbeitnehmer.
Arbeitgeber stehen bei Geschäftsaufgaben oft unter enormem Zeit- und Kostendruck. Dieser Druck führt häufig zu Fehlern bei der Beachtung von Fristen, die aufmerksame Arbeitnehmer zu ihrem Vorteil nutzen können. Die Komplexität der verschiedenen Fristen und deren Zusammenspiel macht eine Beratung durch einen Fachanwalt für Arbeitsrecht oft unverzichtbar, um alle Rechte zu wahren und optimale Ergebnisse zu erzielen.
Gesetzliche Kündigungsfristen bei Geschäftsaufgabe
Grundsätzliche Geltung der normalen Kündigungsfristen
Eine Geschäftsaufgabe ändert nichts an der Geltung der gesetzlichen Kündigungsfristen nach § 622 BGB. Diese richten sich nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit und können von vier Wochen bis zu sieben Monaten reichen. Auch vertragliche oder tarifliche Kündigungsfristen bleiben vollständig bestehen.
Die gestaffelte Struktur der gesetzlichen Kündigungsfristen bedeutet konkret: Nach der Probezeit beträgt die Grundkündigungsfrist vier Wochen zum 15. oder zum Ende eines Kalendermonats. Mit zunehmender Betriebszugehörigkeit verlängern sich die Fristen erheblich. Nach 20 oder mehr Jahren Betriebszugehörigkeit beträgt die Kündigungsfrist sieben Monate zum Ende eines Kalendermonats.
Viele Arbeitsverträge und Tarifverträge sehen noch längere Fristen vor. Diese müssen auch bei Geschäftsaufgabe eingehalten werden. Ein Arbeitgeber kann sich nicht darauf berufen, dass die Geschäftsschließung eine Verkürzung der Fristen rechtfertigt.
Keine fristlose Kündigung wegen Geschäftsaufgabe
Die Geschäftsaufgabe allein berechtigt niemals zu einer fristlosen Kündigung. Für eine außerordentliche Kündigung müssen zusätzlich wichtige Gründe im Verhalten des Arbeitnehmers oder andere außergewöhnliche Umstände vorliegen.
Auch wirtschaftliche Notlagen oder Zeitdruck bei der Geschäftsabwicklung rechtfertigen keine fristlose Kündigung. Arbeitgeber, die dennoch fristlos kündigen, riskieren die Unwirksamkeit der Kündigung und müssen mit Schadensersatzforderungen rechnen.
In der Praxis versuchen manche Arbeitgeber, durch Aufhebungsverträge die regulären Kündigungsfristen zu umgehen. Arbeitnehmer sollten solche Angebote sorgfältig prüfen und sich nicht unter Druck setzen lassen.
Besondere Kündigungsfristen in Tarifverträgen
Viele Branchen haben in ihren Tarifverträgen längere Kündigungsfristen vereinbart, als das Gesetz vorsieht. Diese tariflichen Regelungen gelten auch bei Geschäftsaufgabe uneingeschränkt weiter.
Besonders in Bereichen wie dem öffentlichen Dienst, der Metallindustrie oder im Bankwesen können die tariflichen Kündigungsfristen erheblich über den gesetzlichen Mindestfristen liegen. Arbeitgeber müssen diese auch bei Betriebsschließungen beachten.
Die Prüfung der anwendbaren Tarifverträge ist daher ein wichtiger Schritt bei der Bewertung einer Kündigung wegen Geschäftsaufgabe. Oft ergeben sich daraus längere Fristen, als Arbeitnehmer zunächst erwarten.
Verfahrensfristen bei Geschäftsaufgabe
Betriebsratsanhörung vor jeder Kündigung
Vor jeder Kündigung muss der Betriebsrat nach § 102 BetrVG angehört werden. Diese Anhörung muss rechtzeitig vor Ausspruch der Kündigung erfolgen und dem Betriebsrat ausreichend Zeit für eine Stellungnahme geben.
Für ordentliche Kündigungen hat der Betriebsrat eine Woche Zeit zur Stellungnahme. Für außerordentliche (fristlose) Kündigungen beträgt die Frist drei Tage (§ 102 Abs. 2 BetrVG). Eine generelle Verkürzung der Wochenfrist bei Dringlichkeit ist gesetzlich nicht vorgesehen.
Fehler bei der Betriebsratsanhörung führen zur Unwirksamkeit der Kündigung. Dies gilt auch dann, wenn der Betriebsrat der Kündigung grundsätzlich zugestimmt hätte. Die ordnungsgemäße Einhaltung der Verfahrensfristen ist daher entscheidend.
Massenentlassungsverfahren und Sperrfristen
Wenn bei der Geschäftsaufgabe die Schwellenwerte des § 17 KSchG erreicht werden, muss ein Massenentlassungsverfahren durchgeführt werden. Dies ist bei Betriebsschließungen häufig der Fall.
Zunächst muss der Betriebsrat über die geplanten Massenentlassungen unterrichtet und konsultiert werden. Diese Konsultation muss rechtzeitig erfolgen und dem Betriebsrat Gelegenheit geben, Stellungnahmen abzugeben und Verhandlungen zu führen.
Nach Abschluss der Betriebsratskonsultation muss eine schriftliche Anzeige bei der Bundesagentur für Arbeit erstattet werden. Diese Anzeige löst eine Sperrfrist aus, während der die Kündigungen nicht ausgesprochen werden dürfen.
Dauer und Wirkung der Sperrfristen
Die Sperrfrist nach § 18 KSchG beträgt grundsätzlich einen Monat ab Eingang der Massenentlassungsanzeige bei der Bundesagentur für Arbeit. Diese Frist kann auf bis zu zwei Monate verlängert werden, wenn die Agentur dies für erforderlich hält.
Die Kündigungen können während der Sperrfrist ausgesprochen werden, werden jedoch erst mit Ablauf der Sperrfrist wirksam (§ 18 KSchG).
Die Sperrfrist verschafft allen Beteiligten zusätzliche Zeit für Verhandlungen über Sozialpläne, Aufhebungsverträge oder andere einvernehmliche Lösungen. Arbeitnehmer sollten diese Zeit nutzen, um ihre Rechte zu prüfen und zu sichern.
Fristen für Arbeitnehmerrechte
Dreiwochenfrist für Kündigungsschutzklage
Die wichtigste Frist für betroffene Arbeitnehmer ist die Dreiwochenfrist für eine Kündigungsschutzklage nach § 4 KSchG. Diese Frist beginnt mit dem Zugang der Kündigung und läuft unabhängig davon, wann das Arbeitsverhältnis tatsächlich endet.
Auch bei offensichtlich berechtigten Kündigungen wegen Geschäftsaufgabe sollte diese Frist genutzt werden. Verfahrensfehler können auch bei wirtschaftlich begründeten Kündigungen zu günstigen Vergleichslösungen führen.
Die Dreiwochenfrist ist eine Ausschlussfrist, die nicht verlängert werden kann. Nach ihrem Ablauf können Einwände gegen die Kündigung grundsätzlich nicht mehr geltend gemacht werden. Nur in engen Ausnahmefällen kann auf Antrag die Kündigungsschutzklage nachträglich zugelassen werden (§ 5 KSchG).
Arbeitslosmeldung und Leistungsanträge
Parallel zur möglichen Kündigungsschutzklage müssen sich betroffene Arbeitnehmer rechtzeitig arbeitslos melden. Die Meldung muss spätestens am ersten Tag der Arbeitslosigkeit erfolgen, kann aber auch früher vorgenommen werden.
Bei drohender Arbeitslosigkeit sollte die Meldung bereits drei Monate vor dem Ende des Arbeitsverhältnisses erfolgen. Dies kann Nachteile beim Arbeitslosengeld vermeiden und zeigt die Mitwirkungsbereitschaft.
Der Antrag auf Arbeitslosengeld muss ebenfalls rechtzeitig gestellt werden. Leistungen werden grundsätzlich erst ab Antragstellung gewährt, rückwirkende Zahlungen gibt es nur in Ausnahmefällen.
Fristen für Schadensersatzansprüche
Wenn der Arbeitgeber gegen Kündigungsfristen oder andere Verfahrensvorschriften verstößt, können Schadensersatzansprüche entstehen. Diese unterliegen verschiedenen Verjährungsfristen, die beachtet werden müssen.
Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verjähren gemäß § 195 BGB grundsätzlich innerhalb von drei Jahren. Die Verjährung beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist.
Bei schwerwiegenden Verstößen können auch längere Verjährungsfristen gelten. Eine frühzeitige rechtliche Prüfung ist daher wichtig, um alle Ansprüche zu sichern.
Besondere Fristen in der Insolvenz
Sonderkündigungsrecht des Insolvenzverwalters
In Insolvenzverfahren gelten besondere Fristen nach § 113 InsO. Der Insolvenzverwalter kann Arbeitsverträge mit einer Frist von längstens drei Monaten zum Monatsende kündigen, sofern keine kürzere Frist maßgeblich ist.
Diese Sonderregelung geht den normalen kündigungsschutzrechtlichen Bestimmungen vor. Sie gilt jedoch nur für Kündigungen durch den Insolvenzverwalter, nicht für Kündigungen vor Insolvenzeröffnung.
Die dreimonatige Frist ist eine Höchstfrist. Sind arbeitsvertraglich oder tariflich kürzere Fristen vereinbart, gelten diese auch in der Insolvenz.
Fristen für Insolvenzforderungen
Ansprüche gegen insolvente Arbeitgeber müssen als Insolvenzforderungen beim Insolvenzverwalter angemeldet werden. Hierfür gelten die Fristen der Insolvenzordnung.
Die Anmeldefrist wird vom Insolvenzgericht bestimmt und beträgt meist zwei bis drei Monate nach Eröffnung des Verfahrens. Verspätete Anmeldungen können zu Nachteilen führen.
Arbeitsrechtliche Ansprüche aus der Zeit vor Insolvenzeröffnung werden als einfache Insolvenzforderungen behandelt und nur quotenmäßig befriedigt. Eine rechtzeitige Anmeldung ist daher wichtig.
Insolvenzgeld und dessen Beantragung
Für die letzten drei Monate vor Insolvenzeröffnung können Arbeitnehmer Insolvenzgeld bei der Bundesagentur für Arbeit beantragen. Auch hierfür gelten bestimmte Fristen.
Der Antrag auf Insolvenzgeld muss innerhalb von drei Monaten nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder der Abweisung mangels Masse gestellt werden (§ 324 Abs. 3 SGB III). Verspätete Anträge können abgelehnt werden.
Das Insolvenzgeld entspricht der Höhe nach dem Arbeitslosengeld und wird für maximal drei Monate gewährt. Es sichert die wichtigsten Ansprüche der Arbeitnehmer in der kritischen Phase der Insolvenz.
Praktische Auswirkungen von Fristenverstößen
Unwirksamkeit von Kündigungen
Verstöße gegen Kündigungsfristen führen zur Unwirksamkeit der Kündigung. Das Arbeitsverhältnis besteht dann über den ursprünglich geplanten Zeitpunkt hinaus fort, was zu Nachzahlungsverpflichtungen führen kann.
Bei unwirksamen Kündigungen wegen Fristenverstößen haben Arbeitnehmer Anspruch auf das Arbeitsentgelt für die Zeit bis zur ordnungsgemäßen Beendigung. Dies kann erhebliche Summen ausmachen, besonders bei längeren Kündigungsfristen.
Arbeitgeber versuchen oft, unwirksame Kündigungen durch neue, ordnungsgemäße Kündigungen zu “heilen”. Dies ist grundsätzlich möglich, führt aber zu entsprechenden Verzögerungen und Kosten.
Schadensersatzansprüche bei Fristenverstößen
Neben der Unwirksamkeit der Kündigung können auch Schadensersatzansprüche entstehen, wenn der Arbeitgeber gegen Fristen verstößt. Diese umfassen nicht nur das entgangene Arbeitsentgelt, sondern auch weitere Nachteile.
Typische Schadensersatzansprüche sind die Kosten für Rechtsberatung und Prozessführung, entgangene Sozialversicherungsansprüche oder Nachteile bei der Arbeitssuche. Die Berechnung kann komplex sein und erfordert oft sachverständige Hilfe.
Bei vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Fristenverstößen können auch höhere Schadensersatzansprüche entstehen. Dies ist besonders bei wiederholten Verstößen oder offensichtlicher Missachtung der Arbeitnehmerrechte der Fall.
Auswirkungen auf Abfindungsverhandlungen
Fristenverstöße stärken die Verhandlungsposition von Arbeitnehmern erheblich. Selbst wenn eine Kündigung wegen Geschäftsaufgabe grundsätzlich berechtigt ist, können Verfahrensfehler zu günstigen Abfindungslösungen führen.
Arbeitgeber sind oft bereit, höhere Abfindungen zu zahlen, um langwierige Rechtsstreitigkeiten wegen Fristenverstößen zu vermeiden. Die Kosten eines Prozesses übersteigen häufig die Kosten einer angemessenen Abfindung.
Eine fundierte rechtliche Bewertung aller Fristenaspekte ist daher entscheidend für erfolgreiche Abfindungsverhandlungen. Oft ergeben sich aus scheinbar geringfügigen Fehlern erhebliche Verhandlungsvorteile.
Bei Kündigungen wegen Geschäftsaufgaben sollten alle Fristen sorgfältig geprüft werden. Als Fachanwalt für Arbeitsrecht unterstützen wir Sie dabei, Ihre Rechte vollständig zu wahren.
Strategien für den Umgang mit Fristen
Systematische Fristenprüfung
Bei einer Kündigung wegen Geschäftsaufgabe sollten alle relevanten Fristen systematisch geprüft werden. Dies umfasst die materiellen Kündigungsfristen, die Verfahrensfristen und die Fristen für eigene rechtliche Schritte.
Eine Checkliste kann dabei helfen, keine wichtigen Fristen zu übersehen. Die Prüfung sollte zeitnah nach Erhalt der Kündigung erfolgen, da viele Fristen bereits zu laufen beginnen.
Besondere Aufmerksamkeit verdienen die Dreiwochenfrist für die Kündigungsschutzklage und die Fristen für die Arbeitslosmeldung. Diese sind besonders kurz und können nicht verlängert werden.
Dokumentation von Fristenverstößen
Alle Umstände, die auf Fristenverstöße hindeuten, sollten sorgfältig dokumentiert werden. Dies umfasst Zeitpunkte von Gesprächen, Zugang von Dokumenten und Fristen für Stellungnahmen.
Auch die ordnungsgemäße Betriebsratsanhörung sollte überprüft und dokumentiert werden. Häufig ergeben sich hier Ansatzpunkte für erfolgreiche rechtliche Schritte.
Die Dokumentation sollte zeitnah erfolgen, da sich Zeugen und Unterlagen mit der Zeit schwerer beschaffen lassen. Eine systematische Sammlung aller relevanten Informationen ist wichtig.
Koordination mit anderen Betroffenen
Bei Geschäftsaufgaben sind meist mehrere Arbeitnehmer gleichzeitig betroffen. Eine Koordination bei der Fristenprüfung kann Vorteile bringen und Kosten sparen.
Gemeinsame Verfahrensfehler betreffen oft alle Betroffenen gleichermaßen. Hier kann eine abgestimmte Vorgehensweise die Erfolgsaussichten erhöhen und die Verhandlungsposition stärken.
Der Betriebsrat spielt bei der Koordination oft eine wichtige Rolle. Er hat Zugang zu zusätzlichen Informationen und kann bei der Bewertung von Fristenverstößen helfen.
Rechtzeitige professionelle Beratung
Die Komplexität der verschiedenen Fristen bei Geschäftsaufgaben macht eine professionelle rechtliche Beratung meist unverzichtbar. Diese sollte so früh wie möglich erfolgen.
Eine frühzeitige Beratung kann nicht nur Fristen sichern, sondern auch Strategien für den optimalen Umgang mit der Situation entwickeln. Oft ergeben sich Handlungsmöglichkeiten, die Laien nicht erkennen.
Die Kosten für rechtliche Beratung stehen meist in keinem Verhältnis zu den möglichen Vorteilen durch die Wahrung aller Fristen und Rechte. Eine Rechtsschutzversicherung kann die Kosten reduzieren.
Besondere Fallkonstellationen
Schrittweise Geschäftsaufgabe
Bei schrittweiser Geschäftsaufgabe können verschiedene Fristen parallel laufen. Massenentlassungsverfahren müssen möglicherweise mehrfach durchgeführt werden, was zu komplexen Fristenkonstellationen führt.
Die Berechnung der Schwellenwerte für Massenentlassungen kann bei schrittweiser Abwicklung schwierig sein. Entscheidend ist, ob eine Gesamtentscheidung zur Geschäftsaufgabe vorliegt oder separate Kündigungsrunden stattfinden.
Arbeitnehmer, die in verschiedenen Phasen gekündigt werden, können unterschiedliche Rechte haben. Eine individuelle Prüfung der jeweiligen Fristen ist daher wichtig.
Eilige Geschäftsaufgabe
Manchmal müssen Geschäfte sehr schnell aufgegeben werden, etwa bei plötzlichen Marktveränderungen oder rechtlichen Problemen. Auch dann gelten alle Fristen unverändert.
Arbeitgeber können sich nicht darauf berufen, dass Zeitdruck die Nichteinhaltung von Fristen rechtfertigt. Dies gilt auch bei existenzbedrohenden Situationen oder externem Druck.
Bei eiligen Geschäftsaufgaben ist die Wahrscheinlichkeit von Fristenverstößen besonders hoch. Betroffene Arbeitnehmer sollten daher besonders aufmerksam alle Verfahrensschritte prüfen.
Internationale Geschäftsaufgaben
Bei internationalen Unternehmen können sich zusätzliche Fristen aus ausländischem Recht oder internationalen Verträgen ergeben. Diese können die deutschen Fristen ergänzen oder modifizieren.
EU-Richtlinien sehen teilweise längere Konsultationsfristen vor, als das deutsche Recht vorsieht. Bei grenzüberschreitenden Geschäftsaufgaben müssen diese beachtet werden.
Die Koordination verschiedener nationaler Fristensysteme kann sehr komplex sein. Spezialisierte rechtliche Beratung ist hier besonders wichtig.
Checkliste: Fristen bei Geschäftsaufgabe
Kündigungsfristen prüfen:
- Gesetzliche Fristen nach § 622 BGB
- Vertragliche Vereinbarungen
- Tarifvertragliche Regelungen
- Sonderkündigungsschutz bestimmter Arbeitnehmergruppen
Verfahrensfristen kontrollieren:
- Betriebsratsanhörung nach § 102 BetrVG
- Massenentlassungsanzeige nach § 17 KSchG
- Sperrfristen nach § 18 KSchG
- Konsultationsfristen des Betriebsrats
Eigene Fristen beachten:
- Dreiwochenfrist für Kündigungsschutzklage (§ 4 KSchG)
- Arbeitslosmeldung (spätestens am ersten Tag der Arbeitslosigkeit)
- Antrag auf Arbeitslosengeld
- Anmeldung von Insolvenzforderungen
Besondere Fristen:
- Insolvenzrechtliche Fristen (§ 113 InsO)
- Antragsfrist für Insolvenzgeld
- Verjährungsfristen für Schadensersatz (§ 195 BGB)
- Europarechtliche Zusatzfristen
Dokumentation:
- Zeitpunkt des Kündigungszugangs
- Verfahrensschritte und deren Zeitpunkte
- Betriebsratsanhörung und Stellungnahmen
- Massenentlassungsanzeige und Sperrfristen
Die sorgfältige Beachtung aller Fristen ist entscheidend für die Wahrung der Arbeitnehmerrechte bei Geschäftsaufgaben.
Fristen als Schlüssel zum Erfolg
Die ordnungsgemäße Beachtung von Fristen ist bei Kündigungen wegen Geschäftsaufgabe von entscheidender Bedeutung. Sowohl für Arbeitgeber als auch für Arbeitnehmer können Fristenverstöße erhebliche rechtliche und finanzielle Konsequenzen haben.
Für betroffene Arbeitnehmer bieten Fristenverstöße des Arbeitgebers oft die besten Ansatzpunkte für erfolgreiche rechtliche Schritte. Selbst bei wirtschaftlich begründeten Geschäftsaufgaben können Verfahrensfehler zu günstigen Abfindungslösungen oder anderen Vorteilen führen.
Die Komplexität der verschiedenen Fristensysteme macht eine systematische Prüfung aller Aspekte unverzichtbar. Von den materiellen Kündigungsfristen über Verfahrensfristen bis hin zu den Fristen für eigene rechtliche Schritte müssen alle Termine im Blick behalten werden.
Besonders die Dreiwochenfrist für eine Kündigungsschutzklage sollte auch bei offensichtlich berechtigten Kündigungen genutzt werden. Sie bietet die Möglichkeit, alle Aspekte der Kündigung zu prüfen und die Verhandlungsposition zu stärken.
Die rechtzeitige Einschaltung eines Fachanwalts für Arbeitsrecht kann den Unterschied zwischen einer erfolgreichen Rechtsdurchsetzung und dem Verlust wichtiger Ansprüche ausmachen. Wenn Sie von einer Kündigung wegen Geschäftsaufgabe betroffen sind, zögern Sie nicht, alle Fristen und Ihre Rechte umfassend prüfen zu lassen.
Häufig gestellte Fragen
Gelten bei Geschäftsaufgabe die normalen Kündigungsfristen?
Ja, alle gesetzlichen, vertraglichen und tariflichen Kündigungsfristen gelten auch bei Geschäftsaufgabe unverändert. Eine Betriebsschließung rechtfertigt keine Verkürzung der Fristen.
Kann bei Geschäftsaufgabe fristlos gekündigt werden?
Nein, die Geschäftsaufgabe allein berechtigt nicht zur fristlosen Kündigung. Dafür müssen zusätzliche wichtige Gründe im Verhalten des Arbeitnehmers vorliegen.
Wie lange habe ich Zeit für eine Kündigungsschutzklage?
Die Dreiwochenfrist nach § 4 KSchG gilt auch bei Geschäftsaufgabe. Sie beginnt mit Zugang der Kündigung und kann nicht verlängert werden.
Was passiert bei Verstößen gegen Kündigungsfristen?
Fristenverstöße führen zur Unwirksamkeit der Kündigung. Das Arbeitsverhältnis besteht fort, und es entstehen Nachzahlungsansprüche für das Arbeitsentgelt.
Müssen auch bei Massenentlassungen alle Fristen beachtet werden?
Ja, zusätzlich zu den normalen Kündigungsfristen müssen bei Massenentlassungen die Verfahrensfristen nach § 17 KSchG und die Sperrfristen nach § 18 KSchG beachtet werden.
Wie lange dauern die Sperrfristen bei Massenentlassungen?
Die Sperrfrist beträgt grundsätzlich einen Monat ab Eingang der Massenentlassungsanzeige bei der Bundesagentur für Arbeit und kann auf bis zu zwei Monate verlängert werden.
Gelten in der Insolvenz andere Kündigungsfristen?
Ja, nach § 113 InsO kann der Insolvenzverwalter mit einer Frist von längstens drei Monaten zum Monatsende kündigen, sofern keine kürzere Frist maßgeblich ist.
Wann muss ich mich arbeitslos melden?
Die Arbeitslosmeldung muss spätestens am ersten Tag der Arbeitslosigkeit erfolgen. Bei drohender Arbeitslosigkeit sollte sie bereits drei Monate vorher erfolgen.
Können Fristenverstöße zu Schadensersatz führen?
Ja, bei Verstößen gegen Kündigungsfristen können Schadensersatzansprüche entstehen, die über das normale Arbeitsentgelt hinausgehen.
Lohnt sich eine Klage auch bei berechtigter Geschäftsaufgabe?
Ja, auch bei berechtigten Kündigungen können Verfahrensfehler und Fristenverstöße zu günstigen Vergleichslösungen und Abfindungen führen.