Das Wichtigste im Überblick:
- Bei Geschäftsaufgabe sind betriebsbedingte Kündigungen grundsätzlich sozial gerechtfertigt, jedoch müssen alle Verfahrensvorschriften eingehalten werden
- Ein gesetzlicher Abfindungsanspruch besteht nicht automatisch, kann aber durch Sozialplan, Aufhebungsvertrag oder gerichtlichen Vergleich entstehen
- Die Dreiwochenfrist für eine Kündigungsschutzklage gilt auch bei Geschäftsaufgabe und sollte genutzt werden, um Verfahrensfehler zu prüfen und Abfindungen zu verhandeln
Wenn das Unternehmen die Türen für immer schließt
Die Geschäftsaufgabe eines Unternehmens gehört zu den einschneidendsten Ereignissen im Berufsleben der betroffenen Arbeitnehmer. Anders als bei Umstrukturierungen oder temporären Schwierigkeiten bedeutet die vollständige Betriebsschließung das endgültige Ende aller Arbeitsplätze. Trotz dieser scheinbar ausweglosen Situation haben Arbeitnehmer auch bei einer Geschäftsaufgabe wichtige Rechte, die sie kennen und nutzen sollten.
Viele Betroffene gehen fälschlicherweise davon aus, dass bei einer Geschäftsaufgabe jede Kündigung automatisch rechtmäßig ist und keine Handlungsmöglichkeiten bestehen. Diese Annahme kann teuer werden, denn auch bei der Schließung eines Betriebs müssen Arbeitgeber die gesetzlichen Verfahrensvorschriften beachten. Verstöße gegen diese Vorschriften können zu Abfindungsansprüchen oder anderen vorteilhaften Regelungen führen.
Die rechtliche Bewertung von Kündigungen wegen Geschäftsaufgabe erfordert die Prüfung verschiedener Aspekte: von der ordnungsgemäßen Betriebsratsanhörung über die Einhaltung von Kündigungsfristen bis hin zu möglichen Sozialplanvereinbarungen. Die Komplexität dieser Rechtslage macht eine Beratung durch einen Fachanwalt für Arbeitsrecht oft unverzichtbar, um alle Möglichkeiten auszuschöpfen und die bestmöglichen Ergebnisse zu erzielen.
Rechtliche Grundlagen der Geschäftsaufgabe
Definition und Abgrenzung der Geschäftsaufgabe
Eine Geschäftsaufgabe liegt vor, wenn der Arbeitgeber seinen Betrieb oder wesentliche Betriebsteile dauerhaft einstellt und nicht nur vorübergehend stilllegt. Dabei muss die Entscheidung zur Geschäftsaufgabe endgültig und unwiderruflich sein. Eine bloße Betriebsruhe oder temporäre Schließung reicht nicht aus.
Die Geschäftsaufgabe kann verschiedene Formen annehmen. Sie kann die komplette Einstellung der Geschäftstätigkeit bedeuten, aber auch die Aufgabe bestimmter Geschäftsbereiche oder Standorte umfassen. Entscheidend ist, dass die betroffenen Arbeitsplätze dauerhaft wegfallen und keine Möglichkeit der Weiterbeschäftigung im verbleibenden Betrieb besteht.
Von der echten Geschäftsaufgabe zu unterscheiden sind Fälle der Betriebsveräußerung oder des Betriebsübergangs. Hier findet keine Geschäftsaufgabe statt, sondern ein Wechsel des Betriebsinhabers, was andere rechtliche Konsequenzen nach sich zieht.
Kündigungsschutzrechtliche Bewertung
Bei einer echten Geschäftsaufgabe liegt grundsätzlich ein wichtiger betriebsbedingter Kündigungsgrund vor. Die wegfallenden Arbeitsplätze können nicht durch organisatorische Maßnahmen oder Weiterbeschäftigung an anderen Arbeitsplätzen aufgefangen werden, da der gesamte Betrieb eingestellt wird.
Dennoch müssen auch bei Geschäftsaufgabe alle formellen und materiellen Voraussetzungen des Kündigungsschutzgesetzes beachtet werden. Dazu gehören die ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats, die Einhaltung der Kündigungsfristen und bei mehreren vergleichbaren Arbeitnehmern eine soziale Auswahl.
Das Kündigungsschutzgesetz wird nicht durch eine Geschäftsaufgabe außer Kraft gesetzt. Jeder Arbeitnehmer behält sein Recht, die Kündigung gerichtlich überprüfen zu lassen und bei Verfahrensfehlern Schutz zu suchen.
Besonderheiten bei der Sozialauswahl
Bei einer vollständigen Geschäftsaufgabe entfällt grundsätzlich die Notwendigkeit einer Sozialauswahl, da alle Arbeitsplätze wegfallen. Anders verhält es sich jedoch, wenn die Geschäftsaufgabe schrittweise erfolgt oder nur bestimmte Betriebsteile betrifft.
In solchen Fällen kann durchaus eine Sozialauswahl erforderlich sein, um zu bestimmen, welche Arbeitnehmer zu welchem Zeitpunkt gekündigt werden. Auch bei zeitlich gestaffelten Kündigungen aufgrund einer geplanten Geschäftsaufgabe müssen die sozialen Gesichtspunkte berücksichtigt werden.
Die Prüfung der Sozialauswahl kann daher auch bei Geschäftsaufgabe ein wichtiger Angriffspunkt für eine Kündigungsschutzklage sein, insbesondere wenn nicht alle Arbeitnehmer gleichzeitig gekündigt werden.
Abfindungsansprüche bei Geschäftsaufgabe
Kein gesetzlicher Abfindungsanspruch
Ein weit verbreiteter Irrtum ist die Annahme, dass Arbeitnehmer bei einer Geschäftsaufgabe automatisch Anspruch auf eine Abfindung haben. Das deutsche Arbeitsrecht kennt jedoch keinen allgemeinen gesetzlichen Abfindungsanspruch bei betriebsbedingten Kündigungen, auch nicht bei Geschäftsaufgabe.
Eine Abfindung entsteht nur dann, wenn sie ausdrücklich vereinbart wird oder sich aus besonderen Umständen ergibt. Dies kann durch einen Sozialplan, einen Aufhebungsvertrag, einen Tarifvertrag oder eine gerichtliche Entscheidung geschehen.
Die Tatsache allein, dass ein Betrieb geschlossen wird, begründet noch keinen Abfindungsanspruch. Arbeitnehmer müssen daher aktiv werden, um Abfindungen zu erreichen.
Abfindung durch Sozialplan
Der häufigste Weg zu einer Abfindung bei Geschäftsaufgabe führt über einen Sozialplan. Wenn in dem Betrieb ein Betriebsrat existiert und die Voraussetzungen des § 112 BetrVG erfüllt sind, muss der Arbeitgeber über einen Sozialplan verhandeln.
Ein Sozialplan bei Geschäftsaufgabe regelt typischerweise Abfindungszahlungen für die betroffenen Arbeitnehmer. Die Höhe richtet sich meist nach Kriterien wie Betriebszugehörigkeit, Alter und Familienstand. Auch die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Unternehmens spielt eine wichtige Rolle.
Falls sich Arbeitgeber und Betriebsrat nicht einigen können, entscheidet eine Einigungsstelle über den Sozialplan. Deren Spruch hat die Wirkung einer Betriebsvereinbarung und ist für beide Seiten bindend.
Abfindung durch Aufhebungsvertrag
Viele Arbeitgeber bieten bei Geschäftsaufgabe individuelle Aufhebungsverträge mit Abfindungszahlungen an. Diese können durchaus attraktiv sein, bergen aber auch Risiken für den Arbeitnehmer.
Der Vorteil eines Aufhebungsvertrags liegt in der Planungssicherheit und oft höheren Abfindungen im Vergleich zu Sozialplänen. Zudem können individuelle Regelungen zu Freistellungen, Zeugnissen oder Wettbewerbsverboten getroffen werden.
Nachteile können sich beim Arbeitslosengeld ergeben, da Aufhebungsverträge zu Sperrzeiten führen können. Auch der Verzicht auf eine mögliche Kündigungsschutzklage sollte sorgfältig abgewogen werden.
Abfindung durch Kündigungsschutzklage
Auch bei Geschäftsaufgabe kann eine Kündigungsschutzklage zu einer Abfindung führen, selbst wenn die Kündigung grundsätzlich berechtigt ist. Dies geschieht vor allem durch Vergleiche vor dem Arbeitsgericht.
Verfahrensfehler bei der Kündigung können die Verhandlungsposition des Arbeitnehmers erheblich stärken. Auch wenn eine Weiterbeschäftigung bei Geschäftsaufgabe nicht möglich ist, sind Arbeitgeber oft bereit, Abfindungen zu zahlen, um langwierige Prozesse zu vermeiden.
Die Höhe der Abfindung in gerichtlichen Vergleichen orientiert sich häufig an der sogenannten Regelabfindung von einem halben Bruttomonatsgehalt pro Jahr der Betriebszugehörigkeit, kann aber je nach Umständen erheblich davon abweichen.
Verfahrensvorschriften bei Geschäftsaufgabe
Betriebsratsanhörung als zentrale Voraussetzung
Auch bei Geschäftsaufgabe muss der Arbeitgeber vor jeder Kündigung den Betriebsrat ordnungsgemäß anhören. Diese Anhörung nach § 102 BetrVG ist eine zwingende Voraussetzung für die Wirksamkeit der Kündigung.
Die Anhörung muss vollständig und rechtzeitig erfolgen. Der Arbeitgeber muss alle relevanten Informationen zur Geschäftsaufgabe und den geplanten Kündigungen mitteilen. Dazu gehören die Gründe für die Geschäftsaufgabe, der Zeitplan und die betroffenen Arbeitnehmer.
Fehler bei der Betriebsratsanhörung können zur Unwirksamkeit der Kündigung führen und sind ein häufiger Angriffspunkt in Kündigungsschutzverfahren. Selbst bei offensichtlich berechtigten Kündigungen wegen Geschäftsaufgabe können Verfahrensfehler den Arbeitnehmer in eine günstige Verhandlungsposition bringen.
Massenentlassungsanzeige bei größeren Entlassungswellen
Wenn bei der Geschäftsaufgabe die Schwellenwerte des § 17 KSchG erreicht werden, muss der Arbeitgeber eine Massenentlassungsanzeige bei der Bundesagentur für Arbeit erstatten. Dies ist bei Betriebsschließungen häufig der Fall.
Nach der Massenentlassungsanzeige dürfen Kündigungen erst nach Ablauf einer Sperrfrist von in der Regel einem Monat gegenüber der Agentur für Arbeit ausgesprochen werden (§ 18 KSchG). Diese Zeit kann für Verhandlungen über Sozialpläne oder individuelle Abfindungen genutzt werden.
Fehler bei der Massenentlassungsanzeige können erhebliche rechtliche Konsequenzen haben und die Unwirksamkeit der Kündigungen zur Folge haben. Eine sorgfältige Prüfung der Anzeige ist daher wichtig.
Kündigungsfristen und Sonderkündigungsschutz
Die gesetzlichen und vertraglichen Kündigungsfristen gelten auch bei Geschäftsaufgabe. Eine Betriebsschließung berechtigt nicht zur fristlosen Kündigung, es sei denn, es liegen zusätzliche wichtige Gründe vor.
Besonderer Kündigungsschutz für bestimmte Arbeitnehmergruppen bleibt ebenfalls bestehen. Schwangere, Schwerbehinderte oder Betriebsratsmitglieder genießen auch bei Geschäftsaufgabe ihren besonderen Schutz, soweit dieser nicht durch die Betriebsschließung zwangsläufig entfällt.
Die Einhaltung aller Fristen und Schutzvorschriften sollte sorgfältig geprüft werden, da Verstöße zu Unwirksamkeit oder Schadensersatzansprüchen führen können.
Besondere Fallkonstellationen
Insolvenzbedingte Geschäftsaufgabe
Besonders komplex wird die Situation, wenn die Geschäftsaufgabe im Rahmen eines Insolvenzverfahrens erfolgt. Hier gelten teilweise andere Regeln und Fristen, die bei der rechtlichen Bewertung berücksichtigt werden müssen.
In der Insolvenz kann der Insolvenzverwalter Arbeitsverträge mit einer Frist von längstens drei Monaten zum Monatsende kündigen, sofern keine kürzere Frist maßgeblich ist (§ 113 InsO). Diese Sonderregelung geht den normalen kündigungsschutzrechtlichen Bestimmungen vor.
Abfindungsansprüche aus Sozialplänen können in der Insolvenz als Masseverbindlichkeiten behandelt werden, wenn sie nach Insolvenzeröffnung entstehen. Für vor der Insolvenzeröffnung entstandene Ansprüche gelten die allgemeinen Regeln des Insolvenzrechts.
Schrittweise Geschäftsaufgabe
Nicht immer erfolgt eine Geschäftsaufgabe auf einen Schlag. Oft wird der Betrieb schrittweise abgewickelt, was zu besonderen rechtlichen Problemen führen kann.
Bei einer schrittweisen Schließung stellt sich die Frage, ob bereits zu Beginn eine Gesamtentscheidung zur Geschäftsaufgabe getroffen wurde oder ob es sich um separate Kündigungsrunden handelt. Diese Unterscheidung kann für die Anwendung der Massenentlassungsvorschriften und die Sozialauswahl entscheidend sein.
Arbeitnehmer, die in einer frühen Phase der Abwicklung gekündigt werden, haben möglicherweise andere Rechte als solche, die erst später betroffen sind. Eine individuelle Prüfung der Umstände ist daher unverzichtbar.
Teilgeschäftsaufgabe und Betriebsstilllegung
Kompliziert wird es auch, wenn nur Teile eines Betriebs aufgegeben werden, während andere Bereiche fortgeführt werden. Hier muss geprüft werden, ob tatsächlich eine Geschäftsaufgabe vorliegt oder nur eine Umstrukturierung stattfindet.
Bei echten Teilgeschäftsaufgaben müssen die Kündigungen für die betroffenen Bereiche sozial gerechtfertigt sein. Gleichzeitig kann sich eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit in den verbleibenden Betriebsteilen ergeben, was gegen die Kündigung sprechen würde.
Die Abgrenzung zwischen Teilgeschäftsaufgabe und normaler betriebsbedingter Kündigung ist oft schwierig und erfordert eine sorgfältige rechtliche Analyse.
Bei einer geplanten Geschäftsaufgabe sollten Arbeitnehmer nicht abwarten, sondern frühzeitig ihre Rechte prüfen lassen. Als Fachanwalt für Arbeitsrecht unterstützen wir Sie dabei, alle Möglichkeiten auszuschöpfen.
Strategien für betroffene Arbeitnehmer
Frühzeitige Rechtsprüfung
Sobald eine Geschäftsaufgabe angekündigt oder eine entsprechende Kündigung ausgesprochen wird, sollten betroffene Arbeitnehmer schnell handeln. Die Dreiwochenfrist für eine Kündigungsschutzklage läuft unerbittlich und kann nicht verlängert werden.
Selbst wenn die Geschäftsaufgabe offensichtlich ist und die Kündigung berechtigt erscheint, können sich durch Verfahrensfehler oder andere Umstände Handlungsmöglichkeiten ergeben. Eine frühzeitige rechtliche Prüfung kostet wenig, kann aber erhebliche finanzielle Vorteile bringen.
Die Prüfung sollte alle Aspekte der Kündigung umfassen: von der Betriebsratsanhörung über die Kündigungsfristen bis hin zu möglichen Sozialplanvereinbarungen oder Massenentlassungsverfahren.
Verhandlungsstrategie entwickeln
Auch bei berechtigten Kündigungen wegen Geschäftsaufgabe haben Arbeitnehmer oft Verhandlungsspielraum. Arbeitgeber sind häufig bereit, Abfindungen zu zahlen, um Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden oder eine einvernehmliche Lösung zu erreichen.
Die Verhandlungsposition hängt von verschiedenen Faktoren ab: der rechtlichen Bewertung der Kündigung, der wirtschaftlichen Situation des Unternehmens und den individuellen Umständen des Arbeitnehmers. Eine realistische Einschätzung der eigenen Position ist für erfolgreiche Verhandlungen unerlässlich.
Oft lohnt es sich, nicht das erste Angebot anzunehmen, sondern zu verhandeln. Viele Arbeitgeber kalkulieren mit Verhandlungsspielräumen und sind bereit, ihre Angebote zu verbessern.
Koordination mit anderen Betroffenen
Bei einer Geschäftsaufgabe sind meist mehrere oder sogar alle Arbeitnehmer gleichzeitig betroffen. Eine Koordination der rechtlichen Schritte kann Vorteile bringen, sollte aber die individuellen Interessen nicht aus den Augen verlieren.
Gemeinsame Verhandlungen können die Position gegenüber dem Arbeitgeber stärken. Auch die Kosten für rechtliche Beratung können durch Koordination reduziert werden. Allerdings haben nicht alle Arbeitnehmer die gleichen Interessen oder Erfolgsaussichten.
Die Beteiligung des Betriebsrats ist bei koordinierten Aktionen meist hilfreich. Er kann als Vermittler auftreten und hat oft zusätzliche Informationen über die Pläne des Arbeitgebers.
Finanzielle Planung
Eine Geschäftsaufgabe bedeutet für die betroffenen Arbeitnehmer meist eine längere Phase der Arbeitslosigkeit. Eine vorausschauende finanzielle Planung ist daher wichtig.
Abfindungen können dabei helfen, die Zeit der Arbeitssuche zu überbrücken. Allerdings sollten auch die steuerlichen Auswirkungen bedacht werden. Abfindungen unterliegen der Steuerpflicht, können aber unter bestimmten Umständen begünstigt besteuert werden.
Auch die Auswirkungen auf das Arbeitslosengeld sollten geklärt werden. Aufhebungsverträge können zu Sperrzeiten führen, während Kündigungen durch den Arbeitgeber normalerweise keinen Einfluss auf die Leistungen haben.
Praktische Tipps für den Umgang mit der Kündigung
Dokumentation und Beweissicherung
Nach Erhalt einer Kündigung wegen Geschäftsaufgabe sollten alle relevanten Unterlagen gesammelt und gesichert werden. Dazu gehören das Kündigungsschreiben, Arbeitsverträge, Lohnabrechnungen und alle Dokumente zur Geschäftsaufgabe.
Auch Gespräche mit Vorgesetzten oder Kollegen über die geplante Geschäftsaufgabe sollten dokumentiert werden. Diese Informationen können später bei rechtlichen Auseinandersetzungen hilfreich sein.
Besonders wichtig ist die Sicherung von Informationen über den genauen Ablauf der Betriebsratsanhörung und eventuelle Massenentlassungsverfahren. Hier ergeben sich oft Angriffspunkte für eine erfolgreiche Verteidigung.
Arbeitslosmeldung und Leistungsanträge
Unabhängig von rechtlichen Schritten sollten sich betroffene Arbeitnehmer unverzüglich arbeitslos melden. Die Meldung muss spätestens am ersten Tag der Arbeitslosigkeit erfolgen, kann aber auch schon vorher erfolgen.
Gleichzeitig sollte Arbeitslosengeld beantragt werden. Die Leistungen beginnen grundsätzlich erst mit der Antragstellung, rückwirkende Zahlungen gibt es nur in Ausnahmefällen.
Bei drohendem Arbeitsplatzverlust kann die Meldung bereits drei Monate vor dem Ende des Arbeitsverhältnisses erfolgen. Dies kann Nachteile bei den Leistungen vermeiden.
Stellensuche und berufliche Neuorientierung
Eine Geschäftsaufgabe bietet trotz aller Nachteile auch die Chance für eine berufliche Neuorientierung. Die Zeit bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses sollte für die Stellensuche genutzt werden.
Oft bieten Arbeitgeber bei Geschäftsaufgabe Unterstützung bei der Stellensuche an. Diese Angebote sollten genutzt werden, auch wenn sie rechtlich meist nicht einklagbar sind.
Weiterbildungsmaßnahmen können die Chancen auf dem Arbeitsmarkt verbessern. Die Bundesagentur für Arbeit bietet verschiedene Programme zur beruflichen Qualifizierung an.
Umgang mit Aufhebungsangeboten
Viele Arbeitgeber bieten bei Geschäftsaufgabe Aufhebungsverträge als Alternative zur Kündigung an. Diese Angebote sollten sorgfältig geprüft werden, bevor eine Entscheidung getroffen wird.
Vorteile von Aufhebungsverträgen können höhere Abfindungen, bessere Zeugnisse oder längere Freistellungen sein. Nachteile sind der Verzicht auf Kündigungsschutz und mögliche Probleme beim Arbeitslosengeld.
Ein Aufhebungsvertrag sollte nur nach sorgfältiger rechtlicher Prüfung und Beratung unterschrieben werden. Einmal geschlossen, ist er nur schwer wieder rückgängig zu machen.
Checkliste für Arbeitnehmer bei Geschäftsaufgabe
Sofortmaßnahmen nach Kündigung:
- Kündigungsschreiben auf Form und Inhalt prüfen
- Dreiwochenfrist für Kündigungsschutzklage beachten
- Arbeitslosmeldung bei der Bundesagentur für Arbeit
- Rechtliche Beratung in Anspruch nehmen
Rechtliche Prüfung:
- Betriebsratsanhörung auf Vollständigkeit kontrollieren
- Kündigungsfristen und Sonderkündigungsschutz prüfen
- Massenentlassungsanzeige bei größeren Entlassungen
- Mögliche Sozialplanregelungen ermitteln
Finanzielle Absicherung:
- Abfindungsmöglichkeiten ausloten (Sozialplan, Aufhebungsvertrag, Klage)
- Steuerliche Auswirkungen von Abfindungen klären
- Arbeitslosengeld beantragen
- Auswirkungen auf Sperrfristen prüfen
Berufliche Neuorientierung:
- Stellensuche frühzeitig beginnen
- Weiterbildungsmöglichkeiten prüfen
- Unterstützung durch Arbeitgeber nutzen
- Professionelle Beratung zur Laufbahnplanung
Verhandlungsstrategie:
- Aufhebungsverträge sorgfältig prüfen
- Koordination mit anderen Betroffenen erwägen
- Realistische Verhandlungsziele setzen
- Professionelle Unterstützung nutzen
Eine frühzeitige und umfassende rechtliche Beratung ist bei Geschäftsaufgaben besonders wichtig, da die Zeit für rechtliche Schritte begrenzt ist, aber verschiedene Handlungsoptionen bestehen.
Auch bei Geschäftsaufgabe bestehen wichtige Rechte
Eine Kündigung wegen Geschäftsaufgabe bedeutet nicht, dass Arbeitnehmer rechtlos sind. Auch wenn die betriebsbedingten Gründe meist offensichtlich sind, bestehen verschiedene Möglichkeiten, die eigene Position zu verbessern und Abfindungen zu erreichen.
Der Schlüssel liegt in der schnellen und kompetenten rechtlichen Prüfung aller Umstände. Verfahrensfehler bei der Kündigung, Verstöße gegen Massenentlassungsvorschriften oder mangelhafte Sozialplanverhandlungen können auch bei berechtigten Kündigungen zu vorteilhaften Lösungen führen.
Die Dreiwochenfrist für eine Kündigungsschutzklage sollte unbedingt genutzt werden, um alle rechtlichen Möglichkeiten zu prüfen. Selbst wenn eine gerichtliche Auseinandersetzung nicht gewünscht wird, stärkt die rechtzeitige Klageerhebung die Verhandlungsposition erheblich.
Abfindungen entstehen bei Geschäftsaufgabe nicht automatisch, können aber durch verschiedene Wege erreicht werden. Sozialpläne, Aufhebungsverträge oder gerichtliche Vergleiche bieten unterschiedliche Ansätze, die individuell bewertet werden müssen.
Wenn Sie von einer Geschäftsaufgabe betroffen sind, lassen Sie sich umgehend beraten. Als Fachanwalt für Arbeitsrecht prüfen wir Ihre Situation umfassend und setzen alle verfügbaren Mittel ein, um das bestmögliche Ergebnis für Sie zu erreichen.
Häufig gestellte Fragen
Habe ich bei Geschäftsaufgabe automatisch Anspruch auf eine Abfindung?
Nein, das deutsche Arbeitsrecht kennt keinen allgemeinen Abfindungsanspruch. Abfindungen entstehen nur durch Sozialplan, Aufhebungsvertrag, Tarifvertrag oder gerichtlichen Vergleich.
Kann ich auch bei offensichtlich berechtigter Kündigung wegen Geschäftsaufgabe klagen?
Ja, eine Kündigungsschutzklage ist auch bei Geschäftsaufgabe möglich und oft sinnvoll. Verfahrensfehler können zu Abfindungen führen, auch wenn die Kündigung grundsätzlich berechtigt ist.
Welche Frist gilt für die Kündigungsschutzklage?
Die normale Dreiwochenfrist ab Zugang der Kündigung gilt auch bei Geschäftsaufgabe. Diese Frist ist unbedingt einzuhalten.
Muss bei Geschäftsaufgabe eine Sozialauswahl stattfinden?
Bei vollständiger Geschäftsaufgabe entfällt die Sozialauswahl meist, da alle Arbeitsplätze wegfallen. Bei schrittweiser Schließung oder Teilgeschäftsaufgabe kann sie erforderlich sein.
Gelten bei Geschäftsaufgabe die normalen Kündigungsfristen?
Ja, die gesetzlichen und vertraglichen Kündigungsfristen müssen auch bei Geschäftsaufgabe eingehalten werden. Eine fristlose Kündigung ist nur bei zusätzlichen wichtigen Gründen möglich.
Was passiert, wenn der Betrieb insolvent ist?
In der Insolvenz gelten Sonderregeln. Der Insolvenzverwalter kann mit einer Frist von maximal drei Monaten kündigen. Abfindungsansprüche können als Insolvenzforderungen angemeldet werden.
Sollte ich einen angebotenen Aufhebungsvertrag annehmen?
Aufhebungsverträge können vorteilhaft sein, bergen aber auch Risiken wie Sperrfristen beim Arbeitslosengeld. Eine rechtliche Prüfung ist unbedingt empfehlenswert.
Wie hoch sind typische Abfindungen bei Geschäftsaufgabe?
Die Höhe variiert stark und hängt von vielen Faktoren ab. Als Orientierung gilt oft ein halbes Bruttomonatsgehalt pro Jahr der Betriebszugehörigkeit, aber auch deutlich höhere Beträge sind möglich.
Muss der Arbeitgeber eine Massenentlassungsanzeige erstatten?
Ja, wenn die Schwellenwerte des § 17 KSchG erreicht werden. Bei Betriebsschließungen ist dies häufig der Fall. Fehler bei der Anzeige können die Kündigungen unwirksam machen.
Kann ich mich gegen die Geschäftsaufgabe selbst wehren?
Die unternehmerische Entscheidung zur Geschäftsaufgabe kann normalerweise nicht angegriffen werden. Wohl aber die Art und Weise der Durchführung und die einzelnen Kündigungen.