Kein automatischer Vorsatz: Selbst eine Geschwindigkeitsüberschreitung von 40 % kann fahrlässiger Natur sein

Artikel vom 03.11.2025

Man kann es drehen, wie man will: 40 % sind nur zehn Zähler bis zur Hälfte, und ein Überschreiten der zulässigen Höchstgeschwindigkeit in dieser Höhe sollte nicht einfach "aus Versehen" passieren. Das Amtsgericht Landstuhl (AG) war da aber etwas dezidierterer Meinung, was dabei den automatischen Vorwurf des Vorsatzes anging. Und so zeigt der folgende Fall hervorragend auf, wie Gerichte mit dem richtigen Augenmaß urteilen.

Man kann es drehen, wie man will: 40 % sind nur zehn Zähler bis zur Hälfte, und ein Überschreiten der zulässigen Höchstgeschwindigkeit in dieser Höhe sollte nicht einfach „aus Versehen“ passieren. Das Amtsgericht Landstuhl (AG) war da aber etwas dezidierterer Meinung, was dabei den automatischen Vorwurf des Vorsatzes anging. Und so zeigt der folgende Fall hervorragend auf, wie Gerichte mit dem richtigen Augenmaß urteilen.

Ein Autofahrer befuhr innerorts eine Straße mit einem Tempolimit von 30 km/h – dies jedoch mit rund 46 km/h (nach Abzug der Messtoleranz). Woher man das weiß? Genau, er wurde geblitzt. Daher erging an ihn ein Bußgeldbescheid, wobei das Bußgeld aufgrund der erheblichen Überschreitung verdoppelt wurde. Die Begründung dafür war die Annahme von Vorsatz. Damit war, man ahnt es, der Betroffene aber nicht einverstanden und legte Einspruch ein. Er sei irrtümlich davon ausgegangen, auf einer nicht limitierten Straße unterwegs gewesen zu sein. Und in seinem Irrtum verhielt der Mann sich durchaus sehr vorbildlich, denn selbst ohne Toleranzabzug sei er mit „nur“ 49 km/h unterwegs gewesen. Es könne daher nicht von einer vorsätzlichen Begehung ausgegangen werden.

Das AG gab dem Betroffenen recht. Allein die Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit um 40 % lasse bei sehr niedrigen Geschwindigkeitsbegrenzungen keinen automatischen Rückschluss auf eine vorsätzliche Begehung zu. Hier müssten weitere Beweisanzeichen hinzukommen, beispielsweise das Fahrverhalten anderer, die etwa die Höchstgeschwindigkeit einhielten. Doch die gab es hier schlichtweg nicht. Und selbst, wenn der Fahrer das Tempolimit wahrgenommen hätte, sei nicht automatisch sichergestellt, dass er auch wahrnahm, möglicherweise zu schnell zu sein. Es sei daher von einer fahrlässigen Begehungsweise auszugehen.

Hinweis: Laut AG muss differenziert werden – selbst, wenn die obergerichtliche Rechtsprechung eine Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um 40 % oder mehr im Hinblick auf die Wahrnehmung der Fahrgeschwindigkeit regelmäßig als ein verlässliches Indiz für (zumindest bedingt) vorsätzliches Handeln anerkennt. Bei der Überschreitung einer verhältnismäßig niedrigen Geschwindigkeitsbegrenzung (in diesem Fall um 12 km/h) müssen vielmehr weitere belastbare Beweisanzeichen hinzukommen, die für eine Wahrnehmung der Fahrgeschwindigkeit durch den Fahrzeugführer sprechen. Nur dann kann die Annahme eines Vorsatzes begründet sein.

Quelle: AG Landstuhl, Beschl. v. 07.08.2025 – 2 OWi 4211 Js 8201/25

zum Thema: Verkehrsrecht

(aus: Ausgabe 11/2025)

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