Ob auch noch nicht gezeugte Kinder Rechte an Grundstücken erhalten können, ist unter Juristen bereits lange umstritten. Mit eben dieser Frage musste sich der Bundesgerichtshof (BGH) beschäftigen, und seine höchstgerichtliche Entscheidung wird sicherlich Auswirkungen auf die Gestaltung von erbrechtlichen Verfügungen haben.
Die Antragstellerin des Verfahrens war von ihrer Mutter, die im Jahr 2003 verstorben ist, als Vorerbin eines Grundstücks eingesetzt worden. Laut testamentarischer Verfügung sollten die Kinder der Antragstellerin Nacherben sein. Für den Fall, dass keine Kinder vorhanden sind, sollten die Geschwister Nacherben werden. Im Jahr 2006 ließ die Antragstellerin eine Grundschuld auf dem Grundstück über einen Betrag von 187.000 EUR zugunsten dieser Nacherben eintragen. Die Eintragung erfolgte als Sicherheit für einen vorhergehenden Verkauf eines anderen Grundstücks aus dem Nachlass. Die mittlerweile 60-jährige Antragstellerin beantragte dann schließlich, diese Grundschuld zu löschen, und versicherte an Eides statt, dass sie keine Kinder habe – weder leiblich noch adoptiert. Auch die Geschwister der Antragstellerin stimmten der Löschung zu. Das Grundbuchamt forderte von der Antragstellerin hingegen eine Löschungsbewilligung von einem Ergänzungspfleger, der die Interessen möglicher noch nicht bekannter Nacherben vertreten solle. Da diese Löschungsbewilligung nicht vorgelegt wurde, lehnten sowohl das Amtsgericht als auch das Oberlandesgericht die Löschung ab.
Der BGH entschied, dass es zunächst rechtlich zulässig sei, dass ein sogenanntes Grundpfandrecht wie eine Grundschuld auch für noch nicht geborene oder sogar noch nicht gezeugte Personen im Grundbuch eingetragen werden kann. Auch noch ungeborene Personen können ein rechtlich geschütztes Anrecht für die Zukunft erwerben. Aus diesem Grund war die Eintragung im Grundbuch zunächst zulässig, und es lag kein Fall einer automatischen Löschung einer unrichtigen Eintragung vor. Darüber hinaus darf das Grundbuch laut BGH nur berichtigt werden, wenn alle Berechtigten zustimmen. Die Antragstellerin trägt die Beweislast dafür, dass sie entweder keine Kinder mehr bekommen kann oder eine Adoption nicht mehr möglich ist. Da die Antragstellerin einen solchen Beweis aber nicht erbringen konnte, hätte es der Bestellung eines gerichtlichen Ergänzungspflegers bedurft.
Hinweis: Der BGH stellte im Übrigen auch klar, dass mit der Eintragung der Begrifflichkeit “Kinder” im Grundbuch auch adoptierte Kinder gemeint sein können. Hierauf ist bei der Gestaltung einer letztwilligen Verfügung zu achten.
Quelle: BGH, Beschl. v. 26.06.2025 – V ZB 48/24
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(aus: Ausgabe 09/2025)