Fristlose Kündigung wegen Geschäftsaufgabe: Rechte und Möglichkeiten

Artikel vom 06.06.2025

Eine fristlose Kündigung wegen Geschäftsaufgabe ist rechtlich nicht zulässig, da gesetzliche Kündigungsfristen eingehalten werden müssen. Bei Kündigungen im Rahmen einer Betriebsschließung bestehen für Arbeitnehmer gute Chancen auf Abfindungen. Ein Fachanwalt für Arbeitsrecht kann die Rechtmäßigkeit prüfen, formale Fehler identifizieren und bei der Durchsetzung angemessener Entschädigungen helfen. Bei unrechtmäßigen Kündigungen ist schnelles Handeln innerhalb der Drei-Wochen-Frist entscheidend.

fristlose kündigung wegen geschäftsaufgabe

Das Wichtigste im Überblick:

  • Eine fristlose Kündigung allein wegen Geschäftsaufgabe ist rechtlich nicht zulässig – auch bei Betriebsschließungen müssen gesetzliche Kündigungsfristen eingehalten werden.
  • Arbeitnehmer haben bei unrechtmäßigen Kündigungen gute Chancen auf eine Abfindung, die durch fachkundige anwaltliche Vertretung erheblich höher ausfallen kann.
  • Für die Wirksamkeit einer Kündigung bei Geschäftsaufgabe müssen strenge formale Anforderungen erfüllt sein, deren Nichteinhaltung den Arbeitnehmer zur Anfechtung berechtigt.

Die fristlose Kündigung wegen Geschäftsaufgabe ist ein Thema, das sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer in einer wirtschaftlich und emotional belastenden Situation betrifft. Während Unternehmer unter dem Druck stehen, ihre wirtschaftlichen Verluste zu minimieren, befürchten Arbeitnehmer den plötzlichen Verlust ihres Arbeitsplatzes und Einkommens. Doch was ist rechtlich möglich und was nicht? Ein Fachanwalt für Arbeitsrecht kann hier Klarheit schaffen. 

Ist eine fristlose Kündigung wegen Geschäftsaufgabe rechtlich zulässig?

Die klare Antwort lautet: Nein. Eine Geschäftsaufgabe allein stellt keinen “wichtigen Grund” im Sinne des § 626 BGB dar, der eine außerordentliche (fristlose) Kündigung rechtfertigen würde.

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, auch bei einer Geschäftsaufgabe die gesetzlichen oder vertraglichen Kündigungsfristen einzuhalten. Er muss also eine ordentliche Kündigung aussprechen, die zum regulären Kündigungstermin unter Berücksichtigung der entsprechenden Kündigungsfrist wirksam wird.

Wenn Sie als Arbeitnehmer eine fristlose Kündigung wegen Geschäftsaufgabe erhalten haben, sollten Sie umgehend handeln – diese Kündigung ist mit hoher Wahrscheinlichkeit anfechtbar.

Betriebsbedingte Kündigung bei Geschäftsaufgabe – darauf kommt es an

Obwohl eine fristlose Kündigung unzulässig ist, kann der Arbeitgeber bei Geschäftsaufgabe unter bestimmten Voraussetzungen eine betriebsbedingte Kündigung aussprechen. Hierfür müssen jedoch folgende Bedingungen erfüllt sein:

1. Dauerhafte Aufgabe des Geschäftsbetriebs

Die Geschäftsaufgabe muss dauerhaft sein. Bei einer nur vorübergehenden Schließung oder Unterbrechung des Geschäftsbetriebs ist eine betriebsbedingte Kündigung in der Regel nicht gerechtfertigt. Der Beschäftigungsbedarf muss nachweislich dauerhaft entfallen.

2. Konkreter Zeitpunkt der Geschäftsaufgabe

Der Zeitpunkt für die Kündigung ist entscheidend. Befindet sich die Geschäftsaufgabe erst in der Planungsphase, ist eine betriebsbedingte Kündigung in der Regel noch nicht gerechtfertigt. Die Geschäftsaufgabe muss hinreichend konkret bevorstehen.

3. Sozialauswahl bei etappenweiser Geschäftsaufgabe

Erfolgt die Geschäftsaufgabe nicht auf einen Schlag, sondern “etappenweise”, muss der Arbeitgeber eine sogenannte “Sozialauswahl” durchführen. Das heißt, er muss nach wirtschaftlichen und sozialen Kriterien diejenigen Arbeitnehmer zuerst kündigen, die hiervon sozial am geringsten betroffen sind. Von dieser Regelung profitieren insbesondere:

  • Langjährige Betriebszugehörige
  • Ältere Arbeitnehmer
  • Arbeitnehmer mit Unterhaltspflichten
  • Schwerbehinderte Menschen

4. Keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit

Der Arbeitgeber muss nachweisen, dass keine Möglichkeit der Weiterbeschäftigung auf einem anderen freien Arbeitsplatz im Unternehmen besteht. Gibt es in verbleibenden Teilen des Unternehmens freie Stellen, für die Sie qualifiziert sind, muss der Arbeitgeber Ihnen diese anbieten.

5. Formale Anforderungen

Die Kündigung muss schriftlich erfolgen und bei Bestehen eines Betriebsrats muss dieser vor der Kündigung angehört werden. Bei Massenentlassungen sind zudem die Anforderungen des § 17 KSchG zur Massenentlassungsanzeige zu beachten.

Viele Arbeitgeber begehen bei Geschäftsaufgaben Fehler in der Durchführung der Kündigungen. Diese Fehler können Sie als Arbeitnehmer nutzen, um gegen eine unberechtigte Kündigung vorzugehen.

Besonderheiten in Kleinbetrieben und während der Elternzeit

Kündigungsschutz im Kleinbetrieb

In Betrieben mit zehn oder weniger Arbeitnehmern gilt nach § 23 KSchG kein allgemeiner Kündigungsschutz. Der Arbeitgeber kann Mitarbeiter auch ohne Kündigungsgrund entlassen, und die Pflicht zur Sozialauswahl entfällt. Dennoch:

  • Willkürliche Kündigungen bleiben unzulässig
  • Auch eine nur vorgespielte Betriebsschließung rechtfertigt keine Kündigung
  • Eine fristlose Kündigung wegen Geschäftsaufgabe ist auch im Kleinbetrieb unzulässig

Besonderer Kündigungsschutz während der Elternzeit

Während der Elternzeit genießen Arbeitnehmer einen besonderen Kündigungsschutz. Eine Kündigung wegen Geschäftsaufgabe ist nur unter folgenden Voraussetzungen möglich:

  • Die Kündigung muss bei der zuständigen Aufsichtsbehörde für Arbeitsschutz beantragt und genehmigt werden
  • Die Behörde wird in der Regel nur zustimmen, wenn tatsächlich keinerlei Möglichkeit zur Weiterbeschäftigung besteht
  • Eine vorzeitige Entlassung vor der eigentlichen Geschäftsaufgabe ist unzulässig

Auch hier gilt: Eine fristlose Kündigung ist nicht möglich, selbst mit Zustimmung der Behörde müssen die Kündigungsfristen eingehalten werden.

Abfindung nach einer Kündigung wegen Geschäftsaufgabe

Obwohl Arbeitgeber grundsätzlich nicht verpflichtet sind, bei einer Geschäftsaufgabe Abfindungen zu zahlen, haben Sie als Arbeitnehmer dennoch gute Chancen auf eine attraktive Abfindung – insbesondere wenn Sie anwaltlich vertreten werden.

Warum Arbeitgeber oft freiwillig Abfindungen zahlen:

  1. Vermeidung von Kündigungsschutzklagen
  2. Schnellere und kalkulierbare Abwicklung der Geschäftsaufgabe
  3. Einhaltung sozialer Verantwortung und Wahrung des Unternehmensrufs

Einflussfaktoren auf die Höhe der Abfindung:

  • Dauer der Betriebszugehörigkeit
  • Höhe des Einkommens
  • Lebensalter
  • Vorliegen einer Behinderung oder anderer Einschränkungen
  • Bestehen von Unterhaltsverpflichtungen
  • Verhandlungsgeschick Ihres Anwalts

Eine erste Orientierung zur möglichen Höhe der Abfindung bietet folgende Faustregel:

Höhe der Abfindung = Jahre im Betrieb × 0,5 Bruttomonatsgehalt

In größeren Unternehmen kann sich ein Anspruch auf Abfindung auch aus einem Sozialplan ergeben. Aber auch hier lohnen sich individuelle Nachverhandlungen, um einen höheren Betrag zu erzielen.

Die Rolle des Betriebsrats bei einer Geschäftsaufgabe

Der Betriebsrat verfügt über umfangreiche Mitbestimmungsrechte bei einer Geschäftsaufgabe, die für Arbeitnehmer von großem Vorteil sein können:

Information und Sozialplan in größeren Betrieben

In Unternehmen mit mehr als 20 Mitarbeitern muss der Arbeitgeber:

  1. Den Betriebsrat “rechtzeitig und umfassend” über die geplante Schließung informieren
  2. Mit dem Betriebsrat über die Geschäftsaufgabe beraten
  3. Über einen Interessenausgleich und einen Sozialplan verhandeln

Während der Interessenausgleich (Fragen des Ob, Wann und Wie der Schließung) nicht erzwungen werden kann, kann der Sozialplan notfalls durch eine Einigungsstelle durchgesetzt werden. Der Sozialplan kann folgende Maßnahmen umfassen:

  • Abfindungszahlungen (meist der wichtigste Punkt)
  • Unterstützung bei der Arbeitssuche
  • Fortbildungsmaßnahmen
  • Aufstockung des Arbeitslosengeldes durch den Arbeitgeber

Beteiligung bei Kündigungen

Vor jeder Kündigung – auch wegen Geschäftsaufgabe – muss der Betriebsrat angehört werden. Diese Anhörung ist formell zwingend erforderlich. Wird sie versäumt, ist die Kündigung unwirksam und kann vor Gericht erfolgreich angefochten werden.

Rechtliche Schritte bei einer fristlosen Kündigung wegen Geschäftsaufgabe

Wenn Sie eine fristlose Kündigung wegen Geschäftsaufgabe erhalten haben, sollten Sie folgende Schritte in Betracht ziehen:

1. Sofortige anwaltliche Beratung

Suchen Sie umgehend einen Fachanwalt für Arbeitsrecht auf. Die Frist für eine Kündigungsschutzklage beträgt nur drei Wochen ab Zugang der Kündigung. Diese Frist sollten Sie unbedingt einhalten, da eine verspätete Klage nur in Ausnahmefällen zugelassen wird.

2. Prüfung der Kündigungsgründe

Ihr Anwalt wird prüfen, ob die Kündigung formell korrekt ist und ob die behauptete Geschäftsaufgabe tatsächlich vorliegt und die Kündigung rechtfertigt.

3. Einleitung rechtlicher Schritte

In der Regel wird zunächst eine Kündigungsschutzklage eingereicht, um Ihre Rechte zu wahren. Parallel dazu können Verhandlungen über einen Vergleich (meist mit Abfindungszahlung) geführt werden.

4. Sicherung des Arbeitslosengeldes

Eine fristlose Kündigung kann unter Umständen zu einer Sperrzeit beim Arbeitslosengeld führen. Ihr Anwalt wird Sie auch dabei unterstützen, etwaige negative Auswirkungen auf Ihre Ansprüche gegenüber der Arbeitsagentur abzuwenden.

5. Verhandlung einer angemessenen Abfindung

In vielen Fällen endet ein Kündigungsschutzverfahren mit einem Vergleich, der eine Abfindungszahlung beinhaltet. Hier ist professionelle Verhandlungsführung entscheidend, um ein optimales Ergebnis zu erzielen.

Praxistipps und Handlungsempfehlungen

Für Arbeitnehmer:

  1. Dokumentieren Sie alles: Bewahren Sie die Kündigung, vorherige Kommunikation und alle relevanten Unterlagen sorgfältig auf.
  2. Halten Sie die Fristen ein: Die 3-Wochen-Frist für die Kündigungsschutzklage ist unbedingt zu beachten.
  3. Prüfen Sie Ihren Arbeitsvertrag: Dieser kann besondere Regelungen für den Fall einer Kündigung enthalten.
  4. Melden Sie sich umgehend arbeitslos: Auch wenn Sie die Kündigung anfechten wollen, sollten Sie sich zur Wahrung Ihrer Ansprüche arbeitslos melden.
  5. Schweigen Sie nicht zu Abfindungsangeboten: Akzeptieren Sie keine Angebote, ohne diese von einem Fachanwalt prüfen zu lassen – oft sind deutlich höhere Beträge durchsetzbar.

Für Arbeitgeber:

  1. Verzichten Sie auf fristlose Kündigungen: Eine Geschäftsaufgabe rechtfertigt keine fristlose Kündigung – halten Sie stets die Kündigungsfristen ein.
  2. Planen Sie die Geschäftsaufgabe sorgfältig: Berücksichtigen Sie alle rechtlichen Anforderungen und Fristen.
  3. Beteiligen Sie den Betriebsrat frühzeitig: Eine unterlassene oder fehlerhafte Beteiligung kann zur Unwirksamkeit der Kündigungen führen.
  4. Prüfen Sie Alternativen zur Kündigung: Aufhebungsverträge oder Transfergesellschaften können für alle Beteiligten vorteilhaft sein.
  5. Kalkulieren Sie Abfindungen realistisch: Berücksichtigen Sie bei Ihrer Finanzplanung zur Geschäftsaufgabe realistische Abfindungsbeträge.

Fachkundige Beratung als Schlüssel zum Erfolg

Auch bei einer Geschäftsaufgabe müssen Arbeitgeber die geltenden Kündigungsfristen einhalten. Für Arbeitnehmer ergeben sich jedoch zahlreiche Möglichkeiten, ihre Rechte zu wahren und eine angemessene Abfindung durchzusetzen.

Angesichts der Komplexität des Arbeitsrechts und der emotionalen Belastung, die eine Kündigung mit sich bringt, ist professionelle anwaltliche Unterstützung entscheidend. Dr. Rehder Rechtsanwälte verfügt über langjährige Erfahrung in der erfolgreichen Vertretung von Arbeitnehmern und Arbeitgebern bei Kündigungen im Rahmen von Geschäftsaufgaben. Unsere Experten setzen sich engagiert für Ihre Interessen ein und finden maßgeschneiderte Lösungen für Ihre individuelle Situation.

Häufig gestellte Fragen

Kann mir bei einer Geschäftsaufgabe fristlos gekündigt werden?

Nein, eine fristlose Kündigung allein wegen Geschäftsaufgabe ist rechtlich nicht zulässig. Auch bei einer Betriebsschließung müssen die gesetzlichen oder vertraglichen Kündigungsfristen eingehalten werden.

Wie lange habe ich Zeit, gegen eine fristlose Kündigung wegen Geschäftsaufgabe vorzugehen?

Sie müssen innerhalb von drei Wochen nach Erhalt der Kündigung Kündigungsschutzklage erheben. Diese Frist ist unbedingt einzuhalten, da verspätete Klagen nur in Ausnahmefällen zugelassen werden.

Habe ich bei einer Kündigung wegen Geschäftsaufgabe Anspruch auf eine Abfindung?

Einen gesetzlichen Anspruch auf Abfindung gibt es grundsätzlich nicht. Dennoch haben Sie gute Chancen auf eine Abfindung, wenn die Kündigung Formfehler aufweist oder Sie mit anwaltlicher Unterstützung verhandeln. In größeren Betrieben kann sich ein Abfindungsanspruch auch aus einem Sozialplan ergeben.

Welche Besonderheiten gelten für Kündigungen in Kleinbetrieben?

In Betrieben mit 10 oder weniger Mitarbeitern gilt kein allgemeiner Kündigungsschutz. Der Arbeitgeber muss keine Sozialauswahl durchführen und kann auch ohne Kündigungsgrund entlassen. Dennoch sind willkürliche Kündigungen unzulässig, und eine fristlose Kündigung wegen Geschäftsaufgabe ist auch hier nicht rechtmäßig.

Kann mir während der Elternzeit wegen Geschäftsaufgabe gekündigt werden?

Ja, aber nur unter strengen Voraussetzungen. Die Kündigung muss von der zuständigen Aufsichtsbehörde genehmigt werden, die in der Regel nur zustimmt, wenn tatsächlich keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit besteht. Auch hier muss die Kündigungsfrist eingehalten werden.

Wie wird die Höhe einer Abfindung bei Geschäftsaufgabe berechnet?

Als Faustregel gilt: Höhe der Abfindung = Jahre im Betrieb × 0,5 Bruttomonatsgehalt. Die tatsächliche Höhe hängt jedoch von vielen Faktoren ab, wie Alter, Betriebszugehörigkeit, Einkommen, Unterhaltspflichten und dem Verhandlungsgeschick Ihres Anwalts.

Welche Rolle spielt der Betriebsrat bei einer Geschäftsaufgabe?

In Betrieben mit mehr als 20 Mitarbeitern muss der Arbeitgeber den Betriebsrat umfassend informieren und mit ihm über einen Interessenausgleich und Sozialplan verhandeln. Vor jeder Kündigung muss zudem der Betriebsrat angehört werden – andernfalls ist die Kündigung unwirksam.

Wie wirkt sich eine fristlose Kündigung auf mein Arbeitslosengeld aus?

Eine vom Arbeitgeber ausgesprochene fristlose Kündigung kann zu einer Sperrzeit beim Arbeitslosengeld führen, wenn die Agentur für Arbeit davon ausgeht, dass Sie die Kündigung verschuldet haben. Durch erfolgreiche Anfechtung der fristlosen Kündigung können Sie diese Sperrzeit abwenden.

Welche Alternativen zur Kündigung gibt es bei einer Geschäftsaufgabe?

Alternativen sind Aufhebungsverträge mit angemessener Abfindung, Übernahme durch andere Unternehmensteile oder Wettbewerber, Kurzarbeit bei vorübergehenden Engpässen oder die Einrichtung einer Transfergesellschaft, die den Übergang in eine neue Beschäftigung unterstützt.

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