„Dessen Ehefrau“: Wortwahl entscheidet über Wechselbezüglichkeit bei eingesetzter Ersatzschlusserbin

Artikel vom 03.11.2025

Ehegatten können im Berliner Testament festlegen, wer nach dem Tod der beiden das Vermögen erhalten soll. Ein solcher gemeinsamer letzter Wille kann für den Überlebenden bindend werden, wenn die Verfügungen wechselbezüglich sind. Inwieweit die Regelung zu einer Ersatzschlusserbin wechselbezüglich sein kann, war Gegenstand einer Entscheidung des Brandenburgischen Oberlandesgerichts (OLG).

Ehegatten können im Berliner Testament festlegen, wer nach dem Tod der beiden das Vermögen erhalten soll. Ein solcher gemeinsamer letzter Wille kann für den Überlebenden bindend werden, wenn die Verfügungen wechselbezüglich sind. Inwieweit die Regelung zu einer Ersatzschlusserbin wechselbezüglich sein kann, war Gegenstand einer Entscheidung des Brandenburgischen Oberlandesgerichts (OLG).

Die Erblasserin und ihr vorverstorbener Ehemann hatten einen gemeinsamen Sohn. Dieser Sohn hatte seinerseits einen Sohn aus erster Ehe und war in zweiter Ehe verheiratet. Nach dem Tod seines Vaters, also des vorverstorbenen Ehemanns, lebte der Sohn der Erblasserin über viele Jahre mit einer anderen Frau in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft zusammen, aus der ein weiteres Kind hervorgegangen ist. Die miteinander verheirateten Erblasser selbst hatten 1994 in ihrem gemeinschaftlichen Testament verfügt, dass nach dem Tod beider Eheleute ihr gemeinsamer Sohn alleiniger Schlusserbe werden solle. Falls der Sohn vorversterben sollte, sollte dessen Ehefrau – die damalige Schwiegertochter – als Ersatzschlusserbin eingesetzt werden. In der Tat verstarb der Sohn vor der Erblasserin, seiner Mutter. Diese hatte in der Folge dann 2018 ein weiteres Testament errichtet und die Lebensgefährtin des verstorbenen Sohns gemeinsam mit dem Enkel zu Alleinerben eingesetzt. Und man ahnt es; die Ex-Schwiegertochter war der Ansicht, dass die damalige Ersatzschlusserbeneinsetzung in dem gemeinschaftlichen Testament wechselbezüglich und die Erblasserin daher nicht mehr befugt war, eine hiervon abweichende letztwillige Verfügung zu errichten.

Nachdem das Nachlassgericht dieser Ansicht zunächst gefolgt war, hob das OLG die Entscheidung auf und entschied, dass der Lebensgefährtin des verstorbenen Sohns ein gemeinschaftlicher Erbschein zu erteilen ist. Das OLG stellte klar, dass die Wechselbezüglichkeit, die noch für die Schlusserbeneinsetzung des gemeinsamen Sohns der Eheleute zu bejahen war, nicht automatisch auch für die Ersatzschlusserbin gilt. Es kommt auch hier darauf an, ob die Ehegatten auch diese Ersatzregelung bewusst als gemeinsame, voneinander abhängige Entscheidung getroffen haben. Zum Zeitpunkt der Errichtung des Testaments sei es den Eheleuten aber insbesondere darauf angekommen, den gemeinsamen Sohn abzusichern. Die Einsetzung einer Ersatzschlusserbin sollte nur vorsorglich erfolgen und war keine Gegenleistung für eine vermeintliche Pflegeleistung der Schwiegertochter oder für behauptete Investitionen. Bei einer Schwiegertochter handelt es sich auch nicht automatisch um ein besonderes Näheverhältnis im Sinne des Gesetzes. Es müsse sich vielmehr um eine besondere persönliche Beziehung handeln, die mit familiärer Nähe vergleichbar ist. Bei der Formulierung des Testaments („dessen Ehefrau“) habe man aber bewusst nicht auf ein eigenes Näheverhältnis abgestellt, sondern vielmehr auf den Bestand der Ehe, die aber nicht dauerhaft garantiert sei. Da keine Wechselbezüglichkeit vorlag, war die Erblasserin frei, nach dem Tod ihres Mannes ein neues Testament zu errichten.

Hinweis: Mit der Formulierung „unsere Schwiegertochter“ wäre die Bewertung möglicherweise anders ausgefallen, da hierdurch das Näheverhältnis der Erblasser zur Schwiegertochter im Vordergrund gestanden hätte.

Quelle: Brandenburgisches OLG, Beschl. v. 04.07.2025 – 3 W 79/24

zum Thema: Erbrecht

(aus: Ausgabe 11/2025)

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