Laut Berufsordnung ist es Ärzten verboten, von Patienten Geschenke oder Vorteile anzunehmen, wenn dadurch der Eindruck entsteht, dass die ärztliche Entscheidung beeinflusst wird. Der Bundesgerichtshof (BGH) musste sich in letzter Instanz mit der Frage beschäftigen, ob es sich bei dieser ärztlichen Berufsregel um ein sogenanntes Verbotsgesetz handelt, das ein Vermächtnis eines Patienten zugunsten eines Arztes unwirksam macht.
Der Erblasser war mehrere Jahre Patient eines Hausarztes. Zwei Jahre vor seinem Tod schloss der Erblasser mit seinem Hausarzt sowie mit der ihn pflegenden Beklagten und deren Tochter vor einem Notar einen Vertrag, in dem sich der Arzt verpflichtete, sich über das normale Maß hinaus um den Erblasser zu kümmern. Dafür sollte er auch insbesondere am Wochenende erreichbar sein, Hausbesuche machen und dem Erblasser bei Behördenangelegenheiten helfen. Als Gegenleistung bestimmte der Erblasser, dass der Hausarzt nach seinem Tod ein Grundstück erben solle. In einem nachfolgenden Testament setzte der Erblasser dann seine Pflegerin als Alleinerbin ein – unter Ausschluss des Grundstücks, das der Hausarzt erhalten sollte. Nach dem Tod des Erblassers geriet der Arzt in die Insolvenz und der Insolvenzverwalter verlangte die Herausgabe des Grundstücks, das die Alleinerbin mit der Begründung verweigerte, das Vermächtnis sei unwirksam, weil der Arzt gegen das Berufsrecht verstoßen habe. Das Landgericht und das Oberlandesgericht (OLG) gaben der Erbin zunächst recht und entschieden, dass das Vermächtnis unwirksam sei.
Der BGH hob diese Entscheidung auf. Nach Ansicht des Gerichts sei das Vermächtnis nicht automatisch unwirksam, nur weil es gegen die ärztliche Berufsordnung verstoße. Insoweit sei die Berufsordnung kein Verbotsgesetz im Sinne des Gesetzes. Die Regelung richte sich nur an Ärzte, nicht hingegen an die Patienten. Diese dürfen grundsätzlich selbst entscheiden, wem sie was vererben möchten. Die gesetzliche Regelung der Berufsordnung schütze daher nur das Vertrauen in die Unabhängigkeit von Ärzten – nicht aber das Erbrecht der Angehörigen. Der BGH hat den Fall zur erneuten Entscheidung an das OLG zurückverwiesen, damit es prüfen kann, ob eventuell andere Gründe für die Unwirksamkeit des Vermächtnisses sprechen könnten.
Hinweis: Verstöße gegen standesrechtliche Maßnahmen können durch die jeweiligen Kammern geahndet werden – beispielsweise mit Rügen oder Geldbußen.
Quelle: BGH, Urt. v. 02.07.2025 – IV ZR 93/24
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(aus: Ausgabe 09/2025)